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Ulrich Vetsch: Schweiz und Vorarlberg

freien Stücken bei Beginn des Weltkrieges die Neutralität und Unverletzlichkeit unseres Territoriums garantiert? – haben es auf Teile unseres Vaterlandes abgesehen, wohl aber haben die Deutschen es auf Vorarlberg abgesehen. Und um dies zu verschleiern, erfindet man die Kompensationsgefahr und führt sie möglichst auffällig dem Schweizer vor Augen. Und unser naive, gutgläubige Mitbürger lässt sich wiederum betören, wie dies während des Krieges dutzende Male der Fall war. Und wenn es gemeinhin heisst: nichts gelernt und nichts vergessen, hier, der alldeutschen Propaganda gegenüber, muss es heissen: nichts gelernt und alles vergessen.

Halten wir daran fest, dass die Bande, welche Vorarlberg an den österreichischen Staat ketteten – die pragmatische Sanktion vom Jahre 1724, die Verfassung des Jahres 1867 und der Treueid an den Kaiser –, zerrissen sind, dass die Vorarlberger Volksvertretung gegenüber der neugewählten Wiener Nationalversammlung sich ausdrücklich die Frage der Staatszugehörigkeit vorbehielt, und dass Vorarlberg aus freien Stücken zu uns kommen will. Angesichts des mit grösster Bestimmtheit und mehrfach ausgesprochenen Volkswillens – wir leben doch im Zeichen des Selbstbestimmungsrechtes – haben weder die Franzosen noch die Italiener noch die Deutschen ein Einspracherecht.

Nicht wir sind es, die die Vorarlberger uns einverleiben wollen; die Vorarlberger sind es, die sich uns angliedern wollen. Ohne den bestimmt ausgesprochenen Willen der Vorarlberger, Schweizer werden zu wollen, gäbe es für uns keine „Vorarlbergerfrage“; es hat deshalb auch niemand das Recht, Kompensationsansprüche uns gegenüber geltend zu

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Ulrich Vetsch: Schweiz und Vorarlberg. Fehr'sche Buchhandlung, St. Gallen 1920, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vetsch_Ulrich_Schweiz_und_Vorarlberg_Vortrag_Neue_Helvetischen_Gesellschaft_1919.pdf/24&oldid=- (Version vom 19.4.2023)