Seite:Vier Tage und vier Nächte auf dem dritten Säcular-Feste in Marburg vom 27ten bis 30ten Juli 1827.pdf/14

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Benennung “Studirmachergeselle” entstanden und in Bank gekommen ist.

     Ein Alter von uns erfährt vor ungefähr 1½ Jahren durch die in seinem Orte leer angekommenen Kutschen, daß sich Studios[1] auswärts paucken[2] wollten, - geht vor die Kneipe, vor welcher die leeren Wagen stehen, trift einen darin sitzenden Schnurren[3] an, der ihm den Zweck seines Daseyns erzählt, - worauf jener, der Alte, einen offenen Warnungszeddel schreibt, mit der Anrede: “Ihr Studirmachergesellen, nehmt Euch in Acht, u. s. w.”, und weil er nicht weiß wo der Kampfplatz[4] ist, giebt er den Zeddel einem Rindvieh von Kerl, mit dem Auftrage, sich oben vor das Thor zu stellen und den Zeddel dem ersten ankommenden Studenten zu geben. Zum Unglück kommt ein anderer Schnurre des Weges, den jenes menschliche Rindvieh für einen Studirmachergesellen hält, und ihm den Zeddel aushändigt. Was weiter aus dieser schnurrigen Schnurre[5] erfolgte, erspare ich mir bis auf ein andermal, - um wieder zur Hauptsache überzugehen. Aber durch diesen Witz ist jene Benennung aufgekommen und zufällig adäquat.

     Nachdem ich mich einquartiert und umgekleidet hatte, durchstrich ich alle Straßen und sprach in allen Wirthshäusern vor, - und überall traf ich’s in Bewegung durch schon Angekommene und noch Ankommende.

     Gegen Abend ging’s nach Pfeiffers öffentlichem Garten[6] am Kämpfrasen[7], der zu unserer Zeit in der Größe, wie überhaupt damals ein großer öffentlicher Garten, noch nicht existirte.

     Hier war der Centralpunkt von den meisten bereits angekommenen alten Burschen und anderen Fremden. Alles herzte, küßte und drückte sich. Das Bosquet[8] war erleuchtet, und was nicht umher wogte, das gruppirte sich in den verschiedenen Abtheilungen der Accazien-Bogen, -

  1. Student (Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm [[1]])
  2. hier für fechten, sich duellieren (Bickert/Nail: Liebenswertes Lahn-Athen, S.25.)
  3. Wächter bzw. Sicherheitssoldat in einer Universitätsstadt (Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm [[2]])
  4. Ort an dem die Duelle stattfanden, vermutlich außerhalb Marburgs
  5. kurze unterhaltsame Erzählung von einer spaßigen oder wunderlichen Begebenheit (Duden [[3]])
  6. ehemalige Weinwirtschaft in der Frankfurter Straße 7, erworben durch Wilhelm Philipp Ludwig Pfeiffer[[4]]
  7. früherer landgräflicher Gerichtsplatz vor dem Grüner Tor (Nail, Norbert: Grimmiger Ort. Zum Jubiläumsjahr 2012: Eine lexikalische Reminiszenz der Brüder Grimm an ihren Studienort Marburg.[[5]])
  8. Laubengang (Bickert/Nail: Liebenswertes Lahn-Athen, S.25.)