Seite:Volksbuch für Schleswig Holstein und Lauenburg 1844 085.jpg

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habe, um deiner Tochter ein Paar neue Schuhe zu kaufen.“ Da ließ der Herzog ihn sogleich fesseln und in ein Boot werfen, das mit ihm die Schlei hinunterfuhr Bei Brodersbye holte ein zweites Boot das des Königs ein; der König fragte, wer es leite. Als man ihm antwortete, es sey Lauge Gudmundsön, so wußte der König, daß er sterben müsse, und befahl, ihm einen Mönch von der Brodersbyer Kapelle zu holen, was auch geschah.[1] Davon heißt der Ort noch jetzt Messunde.[2] Als Erich gebeichtet hatte, schlug man ihm auf Lauge’s Befehl das Haupt herunter, und versenkte den Leichnam in die Schlei, beschwert mit Steinen und Ketten, von welchen noch heute einige Glieder in dem Schleswiger Dom gezeigt werden.

Zur Nachtzeit aber sah man an der Stelle, wo der König versenkt war, blaue Flammen auf dem Wasser tanzen, und des Tages lagerten sich dort dichte Möwenschwärme und riefen unaufhörlich Erich! Erich! – Das währte zwei Monate hindurch; da tauchte der Leichnam wieder auf und wurde von Fischern nach Schleswig gebracht, wo er heimlich im Dom bestattet ward.[3] Seitdem verschwanden die Flammen; die Möwen aber flogen auf und lagerten sich um Abelsburg, wo sie ihre Nester bauten und sich auf keine Weise vertreiben ließen. Die Burg ist seitdem längst in


  1. Dahlmann erzählt fast ebenso; aber nicht Einer sondern Mehrere haben uns so mündlich erzählt.
  2. Vielleicht von Sund und Messe; so leitet das Volk wenigstens ab. Die bekannte Ableitung ist von missus in undas.
  3. Andere erzählen, daß in der Schlei zwischen Loitmark und Arnis nach dem Angelschen Ufer zu ein großer Stein sey, worunter König Erich begraben liegt. Allnächtlich kehrt er sich um, wenn die Uhr zwölf schlägt, – oder, wie die Rationalität sagt, wenn er sie zwölf schlagen hört.
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm, Theodor Mommsen: Schleswig-Holsteinische Sagen. Schwers’sche Buchhandlung, Kiel 1844, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Volksbuch_f%C3%BCr_Schleswig_Holstein_und_Lauenburg_1844_085.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2018)