Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 048.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Krieg, vornämlich aber Brand bevorstand, beim Grauen der Mitternacht in den Geisterstunden, ihre kreischenden Stimmen hören und erfüllten die, ob der Dinge, die da kommen sollten, zitternden Einwohner, mit Furcht und Graus. So erhob sie nach den Chroniken, vor der Pest 1519, 1586, 1611, 12 und 14, wie bei der großen Ueberschwemmung 1552 und vor dem großen Brande 1634[1] ihre Jammerstimme. Nach der Umwandelung dieser Bastei in das Schauspielhaus müssen jedoch diese Unholde diesen ihren Wohnsitz verlassen haben, weil vor dem Brande, der 1827 diese arme Stadt betraf, ihr Angstruf nicht erscholl.

Bei den Wenden spielt die Wehklage eine Hauptrolle und sie bezeigen vor dieser Erscheinung ihre Furcht mit den Worten: „Dżakowane bydż Bohu, so ßo wjazy nepokaże.“ (Gott sey Dank, daß es sich nicht mehr zeigt.) Sie halten sie für ihren Schutzgeist, den sie bisweilen bald in der leiblichen Gestalt eines weißen Kindes, bald einer weißen Henne[2] erblicken, welcher sie durch sein Geschrei vor einer drohenden Gefahr warne; daher sagen sie: „Boże Sedleschko je płakało.“ (die Wehklage hat geweint.) Wenn sich nun dieser Schutzgeist hören läßt, so fragen sie: „Boże Sedleschko! schto mi budże?“


  1. S. Taberam Budiss. oder budissinische Brandstelle v. M. Nikolaus Haas, past. prim. Budissin 1705. 1716. 4., wo ihrer Erwähnung geschieht.
  2. Hierbei erinnert man sich an den filium gallinae albae des Petrons.
    S. Provinzialblätter oder Sammlungen zur Geschichte, Naturkunde, Moral und andern Wissenschaften. 1ster Bd. 3tes St. I. S. 249 u. f.