Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 074.jpg

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Diese Alraunmännchen sind ehemals wirkliche Menschen gewesen, allein unter Beibehaltung der menschlichen Gestalt von Zauberern in Pflanzen verwandelt und in einsame öde, und unheimliche Oerter verwiesen worden.

Auf dem Falkenberge bei Neukirch, so wie in der Muskauer Haide soll man sie vorzüglich finden und sollen selbige noch weit vorzüglicher, als die, welche unterm Galgen wachsen, seyn. Man gräbt sie in den Mitternachtsstunden der Johannisnacht, darf sich jedoch durch den Schrei, den sie – wenn die Wurzel der Erde entrissen wird – von sich giebt, nicht schrecken lassen.[1]

Eigentlich ist dieses Idol nichts mehr und nichts weniger, als die Mandragora (Atropa Mandragora L.) Alraunwurzel (vom altteutschen Worte all, viel und raunen, runen, wissen). Man gab ihr durch Verzweigung und schnitzeln Menschengestalt und brauchte sie zu Hexereien, Vest- und Unsichtbarmachen und dergl., daher man sie als einen Hausgötzen verehrte. Nach dem Theophrast (l. IX. c. 9.) mußte man, um die Pflanze zu graben, dreimal einen Kreis mit der Spitze eines Degens um sie machen und während sie Einer ausriß, der Andere darum tanzen und unverständige Worte aussprechen. Um nichts dabei zu versehen und nicht unglücklich zu werden, ließ man sie durch Hunde ausgraben, wie schon Josephus de bello Judaico l. VII. c. 28, der die Pflanze Barras nennt, angiebt. Man bediente sich auch ihrer zu Liebestränken, Annibal vergiftete den Wein damit und


  1. S. Zauberbibliothek von Horst. Mainz 1821. 8.