Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 084.jpg

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nicht wie – aus der Wiege genommen und Statt seiner eine große unschädliche Schlange (wahrscheinlich die Ringelnatter, (coluber natrix) die in dortiger Gegend nicht selten) gefunden worden seyn. Die erschrockenen Aeltern eilten sofort in alle Himmelsgegenden, um das Knäblein zu suchen, mußten aber fruchtlos wiederum zurückkehren, wo sie es dann zu ihrer großen Freude frisch und gesund in der Wiege fanden.

Als er sechs Jahre alt geworden, zog eine Zigeunerhorde durch das Dorf und da sich einzelne Mitglieder derselben, um Lebensmittel zu sammeln, Vieh zu heilen, oder Amulete, Pflaster, Salben u. dgl. zu verkaufen, am Orte zerstreut hatte, trat ein Mann nebst Frau, auch in seiner Aeltern Wohnung, wo der Knabe ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, so, daß sie ihm die Nativität stellten und ihn wahrsagend versicherten: „Wie er weit in der Welt herumkommen, zwar im untern Stande bleiben, jedoch Reichthümer erwerben, viel Aufsehen erregen und endlich durch ein Frauenzimmer enden würde.“

Der Knabe wuchs nun heran, lernte, außer seiner wendischen Muttersprache, noch die teutsche – bedeutende Gelehrsamkeit bei gemeinen Leuten damaliger Zeit! – und trieb, wie alle Knaben seines Alters, sein Wesen. Nachts – wenn er im Bette schlief – will man sonderbare Gestalten über seinem Haupt schweben gesehen haben, die aber – weil sie unschädlich waren – eben nicht weiter beachtet wurden, auch soll – wenn er bei Nachtzeit ausging, ein Flämmchen in Kegelgestalt vor und hinter ihm bemerkt worden seyn.