Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 096.jpg

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(falco serpentarius) habend, von überaus wunderschönem buntfarbigem Gefieder.

Dieser seltene Vogel ist nichts mehr und nichts weniger, als ein von einem bösen Zauberer in einen Vogel verwandelter Prinz, welches sich folgendergestalt zugetragen hat.

Dieser Prinz war aus dem Böhmerlande, besaß eine wundervolle Gestalt, ein sprechendes, einnehmendes Gesicht, mit welchen körperlichen Vorzügen er ein edles Herz und hellen Verstand verband. Er schätzte Künste und Wissenschaften, war ein Wohlthäter der Armen, gütiger Vater der Kinder, Tröster und Helfer der Kranken und Leidenden; kurz, er war ein Muster eines Prinzen, welcher dereinst auf dem Throne ein Herrscher zu werden versprach, dergleichen die Jahrbücher der Welt nur wenig aufzuzeigen vermögen. Das Einzige, was man ihm zur Last zu legen vermochte, – denn es giebt ja Menschen, die selbst an dem Vollkommensten in seiner Art immer noch Etwas zu tadeln und auszusetzen finden – war seine Liebe zur Jagd, so, daß man mit Fug und Recht von ihm sagen konnte:

In den Wäldern berühmt, berühmt in Erlegung des Wildes.[1]

Eines Tages jagte er nach der Mittagsstunde in der Nähe der Lausche. Da begab es sich nun, daß ein gewaltiger Adler in der Luft kreiste. Wito – so mag einstweilen der Prinz heißen, da wir nicht fürchten, daß wir ihn durch Beilegung dieses Namens weder um eine Erbschaft bringen, noch sonst auf irgend eine Art und Weise verletzen oder beleidigen werden – sendete von seinem


  1. Clarus in syluis, inter caedesque ferarum.