Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 158.jpg

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Ohne Erinnern kann man sich denken, daß die Reißige, welche Agnes begleitet hatten, fürchtend die schwere Strafe ihrer Sorglosigkeit, nach allen Himmelsgegenden das Land durchstreiften, um das verlorne Kleinod wiederum aufzufinden.

An einem heitern Frühlingstage, wo die Strahlen der Mittagssonne heiß brannten, hatten sich beide Pilgrime in ein schattendes Wäldchen gelagert, um ihr mäßiges Mahl einzunehmen, als plötzlich zwei Reißige von der Erichsstraße ab, dem Büschchen zusprengten.

„Woher des Landes? – riefen sie ihnen schon in einiger Entfernung zu – habt ihr keine Dirne mit oder ohne Begleitung, gleichviel, gesehen?“

Die beiden Flüchtlinge schreckten zusammen, denn nicht so belebt, wie gegenwärtig, waren zu damaliger Zeit die Landstraßen und einzelnen Reitern in Friedenszeiten traute man immer nicht viel Gutes zu; daher der Dirnen Verstummen.

„Bei’m Radegast!“ rief der Eine von ihnen, als beide Reiter ganz nahe vor ihnen hielten, „Fardo! das sind nimmermehr Bauern; denn des Einen Gesicht ist zu runzlig und des Andern zu schön. – Nein, nein! dergleichen Aeußeres haben Landleute nicht.“

„Nun, soll mich Perkun!“ entgegnete Fardo, indem er sich den Hut rückte und die Haare aus dem Gesichte strich, „das ist ja unsre verlorne Prinzessin, sah’ ich’s doch gleich an dem stattlichen Fingerreifen.“