Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 184.jpg

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LXXXVI. Das Weihnachtsgeschenk.

Geht man von Budissin nach Görlitz, so erblickt man unweit des Pfarrdorfs Krischa linker Hand ein mit Nadel- und Laubholz bepflanztes Plätzchen, in welchem man vor einigen und sechzig Jahren eine einfache, schlichte Betsäule, auf welcher die eingehauene Schrift verwittert war, fand. Von ihr ging die Sage:

Ende des funfzehnten Jahrhunderts ging am Tage des heiligen Weihnachtabends ein armer, aber ehrlicher Bürger aus Budissin von Görlitz, wohin er Arbeit getragen, aber kein Geld bekommen, mit schwer bekümmertem Herzen nach Hause. Vorgenommen hatte er sich für seine sechs kleine Kinder einige Christbrote zu kaufen, um ihnen an dem Tage, wo sich für’s ganze Jahr die ganze Christenheit freut, eine geringe unschuldige Freude zu machen. Aber hochbetrübt, daß sein bescheidener Wunsch nicht erfüllt worden war, seufzte er tief und betete – vor dem kommenden Jahre und harten Winter bangend – inbrünstig zu Gott, dessen Fürsorge und Güte er sich und die Seinigen dringend empfahl.

Schon begann es zu dunkeln und die Sterne funkelten mit glühendem Feuer herab von dem reinen, blauen Himmelsgewölbe. Er verdoppelte daher seine Schritte, vermochte aber doch nicht eher, als beim vollen Einbruch der Nacht in die krischaer Gegend zu gelangen. Da nahm er wahr, wie das ihm rechter Hand liegende Büschchen – damals bedeutender als gegenwärtig – mit mehrern hundert Lichtern erleuchtet sey. Verwundert darob, auch nicht ganz furchtlos, wußte er nicht, ob er vorüber- oder