Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 208.jpg

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Schlummernde, als Entseelte halten mußte. Die zärtlichen Aeltern konnten sich nicht satt an dem Anblick sehen, weinten Freudenthränen und segneten dankbar den Alten. „Ach!“ riefen sie, „nun fürchten wir den Knöchler nicht, ruhig können wir aus diesem Jammerthale scheiden, denn unsre Augen haben unsers Herzens Liebling gesehen!“

Sie gingen fast alle Abende auf den Berg in das Gewölbe, freuten sich, sprachen mit der theuern Tochter, als wenn sie lebte, bekränzten in der schönen Jahreszeit den Sarg mit süß duftenden Blumen, den sie, wenn die Tage sich zu kürzen begannen, mit Immortellen und Epheukränzen behingen, und bei jedesmaligem Fortgange einen Stein unter denselben legten. Nachdem sie noch viele Jahre hindurch dieses gethan hatten, starben sie alt und lebenssatt in der beseligenden Hoffnung, dort jenseits der Sterne mit der, die ihre Seele liebte, auf ewig vereint zu werden. Nach ihrem Willen wurden ihre irdischen Ueberreste in jenes Gewölbe begraben, wo sich zwar die zusammengelegten Steine, doch kein Krystallsarg, noch Lampen befanden. Die Mutter legte man zur rechten, den Mann zur linken Seite, in der Mitte lag deren Herzblatt: Wiarda.

Noch erblickt man nicht selten zur Nachtzeit an gedachtem Orte drei helle Flämmchen, unter denen das mittelste (die Tochter) das schönste, stärkste und hellstrahlendste ist.