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hat, arbeitet Oberländer eine Situation heraus, die er in behaglicher Breite, allerdings auch in äußerst klar charakterisierender Weise schildert. Zur Zeit der krassesten Inhaltsmalerei war er schon der rein künstlerisch tätige Schilderer und hat darum mehr mit den Modernen gemeinsam, als man beim ersten Blick glauben möchte. Die Ausführlichkeit seiner Illustrationen ist das direkte Gegenteil zu der knappen Schärfe des Witzes. Mit ihr hängt zusammen die edle Eigenschaft von Oberländers Kunst, der tiefe, reine Humor. Dieser hat nun nichts zu tun mit den trivialen Begriffen, die ihm wohl oft untergeschoben werden. Er will nicht die grobe Lachlust erwecken, sondern nur das feine Lächeln hervorlocken, das lange und vergnügt andauert.

drei … Ja,

Adolf Oberländer: Unerwartete Wirkung.

Oberländers Kunst ist im landläufigen Sinne überhaupt nicht humoristisch. Ihre Formen haben etwas Heroisches; aber da sie unendlich warm ist, so hat sie doch jene Eigenschaft, die im höchsten Sinne des Wortes humorvoll ist. Die Wärme gibt ihr den Wert und hat sie durch die Jahrzehnte hin in unerschöpflicher Fülle und in gleichmäßig bleibender Kraft ausdauern lassen. Der Stil der sechziger Jahre, aus dem Oberländer hervorgegangen ist, hat die Lebensfähigkeit verloren, und seine Formen und Ausdrucksmittel erscheinen uns veraltet; aber noch immer wirkt Oberländer wie in der alten Zeit. Wir sind uns ja des Unterschiedes bewußt, der ihn von den Zeichnern der „Modernen“ trennt, aber wir sind uns auch bewußt, daß der Unterschied nur die Wahl der Ausdrucksmittel betrifft, nicht die Qualität der Arbeit. Das ist ein neuer Beweis für die so wenig beachtete Tatsache, daß der Stil und die Kunstrichtung nicht den Wert eines Kunstwerkes ausmachen. Man kann in jedem Stil gut und in jedem kann man schlecht arbeiten. Es ist nun aber auch wahr, daß Oberländer zu den ganz wenigen aus Pilotys Richtung gehört, die positive Werte schufen. Er kann zwar nicht und will auch nicht so in das Detail eingehen, wie die heutige Kunst das tut; aber indem er das geistig Belebte zur Grundlage seiner Studien macht und es nach dem Sinne der älteren Schule ganz bewußt stilisiert,

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Karl Voll: Adolf Oberländer. Westermann, Braunschweig 1905, Seite 811. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Voll_Adolf_Oberl%C3%A4nder.djvu/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)