Seite:Vom Heerschilde 006.jpg

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Es erklärt sich aus dieser Beschaffenheit der Quellen, wenn unsere Rechtsgeschichten bei manchen Instituten uns nur sehr unvollkommen den stätigen Gang der Entwicklung vor Augen zu stellen vermögen, wenn wir vorzugsweise nur den Zustand, wie er in der karolingischen Periode war, dann wieder den des dreizehnten Jahrhunderts genauer kennen lernen; während zugleich das, was über die zwischenliegende Entwicklung gesagt ist, häufig mehr aus einer Vergleichung jener beiden Entwicklungsstufen abgeleitet, als durch Zeugnisse gleichzeitiger Quellen genügend belegt ist. Dass hier auch unmittelbar durch Sammeln und Verarbeiten der vereinzelten, weniger leicht erreichbaren und vielfach noch nicht genügend beachteten Zeugnisse noch Vieles geleistet werden kann, ist nicht zu läugnen. Aber eben so wenig, dass wir doch vielfach in erster Reihe darauf hingewiesen sind, aus der genauer bekannten Lage des Ausgangspunktes und des Endpunktes die ungefähre Richtung des dazwischenliegenden Weges zu bestimmen, um dann erst zu prüfen, in wie weit die vereinzelten Quellenzeugnisse, welche an und für sich unzureichend sind, einen verbindenden Faden herzustellen, den Gang der Entwicklung, wie wir ihn uns nach Beachtung jener Gränzpunkte denken, bestätigen oder berichtigen können; und gar oft werden wir uns schon damit begnügen müssen, wenn nur der Nachweis gelingt, dass jene dem muthmasslichen Gange wenigstens nicht widersprechen.

Ist nun auf diesem Gebiete die angedeutete Methode der Forschung vielfach nicht zu vermeiden, so wird es natürlich vor allem geboten sein, den Zustand der Zeiten möglichst genau festzustellen, in welchen die reicheren und zusammenhängenderen Quellen von vornherein erwarten lassen, dass es wirklich möglich sein wird, auf Grundlage der erhaltenen Ueberlieferung über alles Wichtige quellenmässigen Aufschluss erhalten zu können. Es ist in der Natur der Dinge, in der zeitlich fortschreitenden Bewegung der Entwicklung begründet, dass, wie die Darstellung überhaupt einen andern Weg kaum einzuschlagen vermag, auch die Einzelforschung sich zunächst vorzugsweise den begründenden Verhältnissen

zuwendet, sich einen festen Ausgangspunkt zum Weiterschreiten

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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_006.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)