Seite:Vom Heerschilde 012.jpg

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Thäter, die Grafen von Everstein selbst, aber hundert Ritter und Knappen Mannen der Söhne und Verwandten des Ermordeten werden.[1]

Stellen wir nun die Frage, ob jener Satz von der Niederung des Heerschildes auch bei den thatsächlichen Lehnsverbindungen beachtet wurde, so werden wir dieselbe wohl im allgemeinen unbedingt bejahen dürfen. Belege dafür werden uns die Untersuchungen über die einzelnen Heerschilde bieten. Einen besonders auffallenden Beleg werden wir aber auch sehen müssen in dem so überaus häufigen Vorkommen einer Umgehung der Niederung des Heerschildes. Es musste sehr häufig der Fall vorkommen, dass jemand ein Lehngut zu erwerben wünschte, womit sein Genosse oder Untergenosse belehnt war, dessen Gewere ihm demnach ohne Zuthuen eines Dritten zunächst nur durch Belehnung hätte übertragen werden können. Es konnte sich weiter um die Beibehaltung einer schon bestehenden Lehnsverbindung durch jemanden handeln, dessen Schild durch Erhebung zum Könige oder Fürsten erhöht wurde, so dass er nun Genosse oder Uebergenosse seines frühern Herren wurde. Oder es konnten Lehngüter, für welche eine erweiterte Erbfolge bestand, an eine Person höhern Schildes vererben. Für diese und ähnliche Fälle war man nun auf Auswege bedacht, welche zum grossen Theil dahin zielten, der zu beleihenden Person den dinglichen Nutzen, den Genuss des Lehngutes zuzuwenden oder zu erhalten, ohne dass sie zugleich durch Mannschaft ihren Schild niedern musste. Und sind diese Auswege zum grossen Theile solche, welche das strenge Lehnrecht als unstatthaft bezeichnete, so muss der Umstand, dass man sich leichter über andere Normen, als über die Verhältnisse des Heerschildes glaubte wegsetzen zu dürfen, doch sehr dafür sprechen, dass die letzteren nicht bloss in der Theorie, sondern auch thatsächlich die grösste Beachtung fanden. Eine genauere Aufzählung dieser Auswege wird aber nicht allein dafür den Beleg bieten, sondern auch spätere Untersuchungen in so weit wesentlich erleichtern, als der

  1. Orig. Guelf. 3, 689.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_012.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)