Seite:Vom Heerschilde 129.jpg

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süddeutsche Rechtsbuch in Bezeichnung der den untersten Stufen Angehörenden nicht ganz übereinstimmen, wird uns, wollen wir den Grund nicht etwa in dem Unterschiede der Entstehungszeit suchen, den Gedanken einer Nothwendigkeit örtlicher Scheidung nahelegen, wie eine solche ja überhaupt sich mehr geltend macht, sobald wir die untern Kreise des Staatslebens ins Auge fassen; verzichtet der Verfasser des Sachsenspiegels selbst darauf, für das so verschiedenartig gestaltete Dienstverhaltniss allgemeingültige Regeln aufzustellen, so liegt doch gewiss die Annahme nahe, dass das, was er über die untern Lehnsverbindungen sagt, sich immerhin für seinen nächsten Gesichtskreis als mit der Praxis übereinstimmend vollkommen bewähren mag, während sich in andern Reichstheilen die Entwicklung vielfach verschieden gestaltet haben mag. Und schon für den vierten Heerschild dürfte eine Scheidung nach diesem Gesichtspunkte angemessen sein.

Im vierten Heerschilde des Sachsenspiegels und, wenigstens im Ausdrucke übereinstimmend, auch des Schwabenspiegels finden wir die freien Herren. Der Stand der freien Herren, in den kaiserlichen und andern Urkunden mit wesentlich gleichbedeutenden Ausdrücken als Nobiles, Barones, Magnates, edle oder freie Herren bezeichnet, umfasste nicht allein die einfachen Edeln, sondern auch die grosse Masse der Grafen und weiter manche Grosse mit den höhern Amtstiteln eines Herzogs, Markgrafen, Pfalzgrafen oder Landgrafen, welche dem neuern Fürstenstande angehörten; unter allen diesen tritt ein weiterer Standesunterschied in den Urkunden nicht hervor.[1]

In Sachsen erhält nun der ganze Stand von vornherein ein etwas einförmigeres Gepräge dadurch, dass es hier keine Grosse mit höherem Amtstitel, als dem des Grafen gab, welche nicht Fürsten gewesen wären; dann dadurch, dass die meisten im dreizehnten Jahrhunderte noch blühenden Grafenhäuser den gräflichen Titel erst im Laufe des zwölften Jahrhunderts annahmen und ihn längere Zeit nicht regelmässig führten,[2] so dass zur Zeit der Entstehung des Sachsenspiegels es noch nicht gar lange her

  1. Vgl. Reichsfürstenst. § 99. 100. 104.
  2. Vgl. Reichsfürstenst § 61.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)