Seite:Vom Heerschilde 154.jpg

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Zeiten zurückreichenden, vor den Vollfreien bevorzugten Geburtsstand fassen dürfen, scheinen im Süden wenigstens die spätern Zustände nicht auf einen solchen zurückschliessen zu lassen; der Stand der freien oder edlen Herren erscheint hier lediglich durch das Zusammentreffen der beiden Momente der Freiheit und der Ritterbürtigkeit bedingt, so dass ihm alle ursprünglich Freien angehören, welche weder durch Eintritt in ein Dienstverhältniss ihre Freiheit aufgaben, noch einem rittermässigen Leben entsagend zu Bauern wurden.

Ist das richtig, so müssten folgerecht auch der freie Bauer, welcher die Ritterbürtigkeit, und der Dienstmann, welcher die Freiheit erlangte, freie Herren geworden sein. Wollen wir den ersten Fall auch nicht durch die Verfügung E. Friedrichs vom J. 1187, wonach die filii rusticorum nicht rittermässig leben dürfen,[1] als durchaus ausgeschlossen betrachten, mag es möglich gewesen sein, dass jemand durch Ergreifung rittermässigen Lebens wenigstens für seine Nachkommen im zweiten Gliede die Vorrechte der Ritterbürtigkeit gewinnen konnte,[2] so mag dieser Fall gerade bei Freien seit festerer Abgränzung des Ritterstandes kaum mehr vorgekommen sein; häufig unzweifelhaft bei Unfreien, und zwar mit oder auch ohne Einwilligung des Herrn; so wenn um 1130 in den Geschichten von S. Gallen geklagt wird: cellerarii ecclesiae iura villicationis in modum beneficiorum habere contendebant et contra consuetudinem quidam ex ipsis more nobilium gladium cingebant.[3] Dagegen scheint unsere andere Folgerung, freigelassene Dienstmannen werden zu freien Herren, sich wirklich zu bestätigen und damit die Richtigkeit unserer bisherigen Ergebnisse wesentlich zu stützen. Der Sachsenspiegel will dem freigelassenen Dienstmann überhaupt nur freier Landsassen Recht zugestehen, während der freigelassene Reichsdienstmann zum schöffenbar Freien werden kann;[4] aber wie für den Schöffenbaren selbst gibt es auch für den Dienstmann keinen Weg, zum freien Herren zu werden; und

  1. Mon. Germ. 4, 185.
  2. Vgl. Homeyer S. 304. Eichhorn Rechtsg. § 341.
  3. Mon. Germ. 2, 161.
  4. Sächs. Ldr. 3,80 § 2, 81 § 1.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_154.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)