Seite:Vom Heerschilde 204.jpg

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Ordnung des Sachsenspiegels beleihen, ohne ihren Schild zu niedern. Die Theorie sagt ausdrücklich, dass ein Sohn, welcher das Mannenverhältniss des Vaters nicht fortsetzen will, dadurch doch seinen Schild nicht erhöhet; sie kennt überhaupt nur den einzigen Fall einer Erhöhung durch Verleihung eines Fahnlehens.[1]

Den Grund für diese Hemmung einer Durchbildung der Lehre lediglich nach Massgabe der Lehnsverbindungen haben wir vor allem zu suchen in dem Einflusse der landrechtlichen Grundlage; der Besitz eines bestimmten Heerschildes ist nicht blos durch eine bestimmte lehnrechtliche, sondern überdies vielfach durch eine von der Lehnsverbindung ganz unabhängige landrechtliche Stellung bedingt; die einzelnen Stufen, wie sie in den Rechtsbüchern bezeichnet sind, erscheinen zum Theil als landrechtliche Stände, abweichend von den longobardischen Rechtsquellen, in welchen Bezeichnung und Stellung der Stufen der Capitanei, Valvasores maiores, Valvasores und Valvasini lediglich durch die Lehnsverbindung bedingt sind, wie das auch bei entsprechenden französischen Scheidungen wesentlich der Fall ist.[2] In dieser Richtung die Uebereinsthnmung der Thatssachen mit der Lehre unmittelbar zu erweisen, ist nicht möglich, da im thatsächlichen Leben die Stufen nicht gezählt werden,[3] es sich also auch nicht ergeben kann, dass etwa jemandem eine höhere Heerschildszahl beigelegt würde, als ihm nach seiner landrechtlichen Stellung zukommen sollte; für das tatsächliche Leben genügte der Begriff der höhern und niedern Stufe überhaupt; nur für die die Gesammtheit der Lehnsverbindungen ins Auge fassende Theorie ergab sich ein Anlass zu einer Zählung, welche ja ohnehin nur für enger gezogene örtliche Kreise als zutreffend erkannt werden kann. Dagegen liegt ein vollkommen genügender mittelbarer Beweis für die Stichhaltigkeit der Theorie in dieser Richtung darin, dass wir bei unserer ganzen Erörterung von den in den Spiegeln bezeichneten landrechtlichen Stufen ausgingen, die einzelnen Lehren auf diese anwandten und sich dabei im allgemeinen

  1. Vgl. Homeyer S. 306.
  2. Vgl. Sachsse Grundlagen 409. 410.
  3. Vgl. Homeyer S. 295.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_204.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)