Seite:Vom Heerschilde 228.jpg

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Fügte sich um dieselbe Zeit noch durch die Verbindung mit fremden Königen und die Erhebung des Königs von Böhmen ein Zwischenglied zwischen König und Fürsten ein,[1] so berührt das die Zeit der vollen Ausbildung der in den Rechtsbüchern vorliegenden Ordnung nicht, da dieses Verhältniss ebenso, wie die in frühere Zeiten zurückreichenden, aber nur in engerer örtlicher Begränzung wirksamen Zwischenstellungen des Bischofs von Gurk[2] und der lothringischen freien Herren,[3] dabei unberücksichtigt blieb. Weiter blieben auch die Beziehungen der mittelbar gewordenen Pfaffenfürsten,[4] unfähigen Prälaten[5] und der Fürstengenossen[6] zu bestimmten Heerschildsstufen, wie solche doch nothwendig stattfinden mussten, im Systeme unbeachtet.

So hatte die Lehre gegen Ende des zwölften Jahrhunderts ihre vollste Entwicklung und zugleich durch die weitgreifenden Vorrechte, welche sich an den fürstlichen Heerschild knüpften, ihre grösste Bedeutung für das gesammte staatliche Leben der Nation erreicht. Aber die Zeichen einer Abnahme der Bedeutung des Heerschildes schliessen sich auch fast unmittelbar an. Formell finden wir allerdings noch im ganzen dreizehnten Jahrhunderte die Lehre in voller Wirksamkeit, scheint sich kaum eine Abschwächung ihrer Bedeutung zu ergeben. Aber eben jenes in dieser Zeit in so vielfacher Gestalt hervortretende Streben, eine Niederung des Schildes zu vermeiden,[7] ohne den damit verbundenen Vortheilen zu entsagen, ergibt doch, wie es uns einerseits das strenge Festhalten an der Form verbürgt, andererseits wieder, dass eine Lehre, welche dem Uebergange des Lehngutes von einer Hand in die andere so vielfache Schranken zog, mit der Richtung einer Zeit im Widerspruche stand, welche bei dem Erschlaffen der staatlichen Gesammtordnung des Reichs möglichste Abrundung des Besitzes und der Herrschafts- verhältnisse in engeren Kreisen erstrebte; und wo einmal nur noch die Form gewahrt erscheint, das, was sie verhindern soll,

auf andern Wegen dennoch erreicht wird, da mag nicht allein

  1. Vgl. oben S. 72.
  2. S. 113.
  3. S. 131.
  4. S. 110.
  5. S. 107.
  6. S. 126.
  7. S. 8 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)