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Indessen ist die Trennung zwischen den seßhaften Persern und den Nomaden nicht streng durchgeführt, da Heiraten zwischen beiden Arten vorkommen. Wenn der Landmann sehr zurückgegangen ist, verläßt er sein Land und wird Nomade; hat er später Hoffnungen auf eine bessere Zukunft, so nimmt er seine Arbeiten wieder auf.

Die Künstler in Persien sind geschickt, aber mehr Gewohnheitsarbeiter. Sie stellen ganz reizende Sachen mit unglaublich schlechten Werkzeugen her; aber wenn sie einmal ein Modell fertig haben, so wird es auch unzählige Male reproduziert.

Über die Lebensweise der eigentlichen Perser können wir aus eigener Erfahrung wenig berichten, da wir meistens bei Christen, Chaldäern oder Armeniern, logierten.

Die gewöhnlichen Speisen in Persien sind, wenn sie nicht zu oft auf den Tisch kommen, ausgezeichnet. Die Hauptrolle spielt der Reis; die Kurden ersetzen ihn oft durch die Hirse, was jedoch in bessern Häusern nicht geschieht. Man bereitet den Reis auf mancherlei verschiedene Weisen, die sich aber im allgemeinen durch die Farbe oder einige dazu gehörende Gewürze unterscheiden.

Die meist verbreitete Art den Reis zuzubereiten, ist der Pilau, dieses so ausgezeichnete und berühmte Gericht der Orientalen. Für meinen Teil kann ich versichern, daß ich keine Speise kenne, die zu derselben Zeit so einfach, so angenehm und so gut ist als gerade der Pilau. Man kann dazu nur sehr guten Reis verwenden, wie wir ihn in Europa nicht oder doch nur höchst selten zu sehen gewöhnt sind. Zunächst wird der Reis abgebrüht, um ihn zu erweichen; darauf wäscht man ihn kräftig in kaltem Wasser und läßt ihn trocknen. Auf dem Boden des Topfes, worin der Reis gekocht werden soll, liegt Fleisch, gewöhnlich Hammelfleisch. Darauf kommt nun der Reis. Auf den Reis gießt man die nötige Butter, die vorher geschmolzen worden ist. Der Topf wird gehörig geschlossen und auf ein schwaches Feuer, gewöhnlich auf glühende Kohlen gesetzt. Nachdem das Kochen beendet ist, kommen je nach den Umständen noch verschiedene Zuthaten dazu: getrocknete Aprikosen u. s. w.

Das Kochen des Pilau ist eine sehr kritische Sache, so daß der Ruf eines Koches von dem Umstande abhängt, wie er mit der Bereitung des Pilau fertig wird; unser Gegu verstand dieses Geschäft ausgezeichnet.

In dem türkischen Armenien und besonders in dem Bassin des Tigris haben wir oft den Pilau durch den Burgul ersetzt gefunden. Der Burgul wird auf dieselbe Weise bereitet wie der Pilau, nur daß man statt des Reises gewöhnlich Getreide dazu verwendet. Dieses wird zuerst abgebrüht und dann durch Stöße mit einer Holzkeule in einem Mörser geschält. Der Kebab oder Rostbraten von Hammelfleisch begleitet gewöhnlich das Gericht. Das Fleisch wird in kleine Stücke geschnitten und dann mit dem Bratspieß durchbohrt und am Feuer gebraten. Zuweilen wird das bestimmte Stück Fleisch auch ganz geröstet; aber dieses Verfahren ist deshalb selten, weil das Fleisch dann gewöhnlich nicht ordentlich gebraten auf den Tisch kommt; während es an einigen Stellen bereits verkohlt ist, sind andere noch halb roh.

Sowohl in Persien wie in Armenien giebt es ausgezeichnete Schafe. Das Fleisch derselben ist köstlich, und das tägliche Genießen desselben bringt weniger Abneigung gegen dasselbe hervor, als es bei uns mit dem Rindfleisch geschieht. Diese Schafe zeichnen sich durch ihren außerordentlich großen Schwanz oder vielmehr durch den großen Fettklumpen aus, in dem der Schwanz endigt. Dieser Fettklumpen wiegt oft 10 bis 12 Kilogramm.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/121&oldid=- (Version vom 1.8.2018)