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Damen der bessern Stände bedienen sich des Luxus einer Sänfte, die getragen wird. Diese Sänften, die aber auch aufs sorgfältigste vergittert sind, werden von zwei Maultieren getragen. Vornehme Männer bedienen sich zuweilen bei ihren Reisen auch solcher Sänften, wenn sie fürchten, durch das Reiten zu sehr zu ermüden.

Eine Begegnung mit einer hohen Dame ist auf der Reise gewöhnlich eine sehr unangenehme Sache, besonders wenn diese Dame zu dem Harem des Schah gehört. Ein Kurier, der vor der Karawane herreitet, verkündet den „Kuiruk“, d. h. den Befehl, die Stellen, wo die Karawane vorbeikommt gänzlich zu räumen. Dieser Befehl muß schleunigst ausgeführt werden; früher hatten Leute, die nicht rasch genug verschwanden, von der Brutalität dieser Kuriere viel zu leiden, die mit Knütteln die Ausführung ihres Befehls ins Werk setzten.

Gewöhnlich reist man in Karawanen, indem man sich je nach dem Belieben Pferde käuft oder mietet; selbstverständlich ist es angenehmer. selbst eine Karawane zu bilden, als sich einer Gesellschaft von Kaufleuten anzuschließen. Ein Reisender, der Eile hat, kann die Postpferde benutzen und im „Tschapar“ reisen. Persien besitzt wirklich den großen Vorteil vor der Türkei, daß es ein viel besser organisiertes Postwesen als diese besitzt; mittels einer entsprechenden Abgabe ist es möglich, an jedem Posthause neugesattelte Pferde zu finden. Selbstverständlich ist es dabei, daß der Postmeister den Reisenden über die Entfernung zu täuschen sucht. Auch ist es ganz natürlich, daß er sich die erforderliche Anzahl Pferde auf die sparsamste Weise zu verschaffen sucht. Die königlichen Kuriere dagegen betreiben im großen Maßstabe das Requirieren der Pferde, wobei sie aber gewöhnlich das Zurückbesorgen derselben vergessen. – Für den Reisenden, der Eile hat und nicht viel Gepäck mit sich herumschleppt, hat das Reisen auf diese Weise Vorteile; demjenigen aber, der gerne etwas von Land und Leuten sehen möchte, ist es entschieden abzuraten.

Die Grenze ausgenommen, die oft von den Raubzügen der Kurden heimgesucht wird, ist das Reisen in Persien ziemlich gefahrlos. Ein deutscher Offizier, der längere Zeit in Persien gereist war und das ganze Land kannte, versicherte uns, daß ein Europäer, wenn er nicht gerade mit seinem Reichtume prahle und im Besitze einer guten Flinte sei, die ihm die nötige Achtung verschafft, von einem Ende Persiens bis zum entgegengesetzten reisen könne, ohne irgend einen räuberischen Überfall fürchten zu müssen.

Kurdischer Schild mit Patronentasche.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/124&oldid=- (Version vom 1.8.2018)