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viel gelesen worden. Um den Leser in den Stand zu setzen, sich über den kritischen Wert dieses Buches ein Urteil zu bilden, sollen einige Stellen aus dem Machwerke angeführt werden.

Für den hochwürdigen Perkins besteht zwischen dem Papst und dem Antichrist kein bemerkbarer Unterschied. Er wagt kaum von dem Papst zu sprechen, ohne sein Gewissen durch einige Stoßseufzer zu beruhigen, die so ziemlich denselben Inhalt haben, nämlich : „Thou enemy of all righteousness“ (Du Feind aller Gerechtigkeit).

Da Perkins in solchem Tone sich ergeht, ist es nicht zum Verwundern, daß er auch an der „jesuitischen Krankheit“ leidet. Diese „Söhne der Finsternis“ hatten niemals etwas mit den Nestorianern zu schaffen; aber Perkins leidet an der Sucht, auf jedem Schritt und Tritt Jesuiten zu wittern. Boré, der wie schon erwähnt worden ist, damals noch ein Laie war (er trat erst 1854 in den Lazaristenorden ein), ist für ihn ein Jesuit, ein „child of the devil“ (ein Kind des Teufels) (Seite 396).

Weiter erzählt er, wie Gesandte des Papstes – selbstverständlich sind es immer Jesuiten – Mar Schimun, dem nestorianischen Patriarchen, das Anerbieten gemacht haben, Nestorius heilig zu sprechen, – einen von der Kirche feierlich verworfenen Irrlehrer, – wenn der Patriarch die Oberherrschaft Roms anerkennen wollte.

Diese Stellen, die nicht einmal die schlimmsten sind, zeigen aufs deutlichste, zu welch traurigen und zugleich lächerlichen Verirrungen die Leidenschaft führt, namentlich wenn sie auf die Unwissenheit gepfropft ist wie bei Mr. Perkins.

Diese Stellen erlauben auch die Annahme, daß Perkins der erwähnten Verkündigung bezw. dem Erlasse des königlichen Firmans nicht fremd gegenüberstand, zumal er es anzulegen wußte, seine Mission sogar noch unter den Schutz der Maßregeln zu stellen, die der Firman enthielt. Hier kann man auch und ganz gewiß mit allem Rechte das Sprichwort anwenden: Is fecit cui prodest.

Unglücklicherweise ließ es Perkins bei diesem traurigem Kampfe nicht einmal bewenden. Er erhielt Kenntnis von der Wiedererbauung einer Kirche der Katholiken in Ardischai, und die Folge davon war, daß er dem Bischof des Ortes einen Prozeß aufhalste. Der Prozeß wurde zweimal zu Gunsten der Katholiken entschieden. Damit war Perkins aber nicht zufrieden, sondern ließ die Erkenntnisse aufheben und die Sache in Teheran anhängig machen. Er selbst begab sich dorthin und durch die Unterstützung des russischen Gesandten, eines geschworenen Feindes der Katholiken, brachte er es dahin, daß die Katholiken verurteilt wurden und ein Firman gegen sie erlassen wurde. Die Immobilien der Mission in Urmia wurden durch die Umsicht eines Katholiken von Tebris gerettet, der dieselben vor der Bekanntmachung des Firmans erwarb. Der eine der Missionare, Darnis mit Namen, wurde ausgetrieben. Dem andern, Clusel, gelang es, sich zu verbergen; durch die Unterstützung eines Missionars, der während des Prozesses angelangt war und deshalb keine Erwähnung in dem Firman gefunden hatte, konnte er noch, wenn auch mit tausend Schwierigkeiten, einigen Einfluß auf die Katholiken ausüben. Dieser Zustand der Ächtung dauerte bis zur Ankunft des Herrn von Sartiges, der im Auftrage der französischen Regierung eine diplomatische Mission nach Teheran unternahm. Dieser sorgte, daß den Missionaren keine weitere Beschränkungen auferlegt

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/128&oldid=- (Version vom 1.8.2018)