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Thüre gegenüber angebracht ist, keine Öffnung enthält. Stopfen wir den Kamm zu, so ist es zum Ersticken; lassen wir ihn offen, so ist der schreckliche Luftdurchzug nicht abzuhalten. Nach dem anstrengenden Reisen wurde Hyvernat noch mit einer tüchtigen Migraine beglückt. Kascha-Isaak und ich befanden uns nicht viel besser. Der arme Gegu, der übrigens Glück hatte und eine kostbare Omelette mit Tomaten zurechtmachte, war untröstlich darüber, daß wir seiner Kochkunst so wenig Ehre erwiesen.

5. Oktober. Abreise 7½ Uhr morgens.

Um das an einem Zufluß des Zab gelegene Baschkala zu erreichen, ist es unnütz, das große Thal zu benützen; wir stiegen auf dem kürzesten Weg durch die Hügel hinauf. Unterwegs überraschte uns ein sündflutlicher Regen.[1]

Ankunft 10 Uhr 45 Minuten des Morgens.

In Baschkala wurden wir durch Iskender-Effendi, einen Beamten der ottomanischen Tabaksregie, sehr freundlich empfangen. Er ist ein geborener Italiener und verliert hier in der Eintönigkeit seines verlorenen Postens und in den Gefahren einer türkischen Verwaltung seine Zeit.

Baschkala (zu deutsch: Hauptfestung [der Gewässer]) liegt schön an den Westabhängen der Isperisberge in einer Höhe von 2900 Metern (unsere Barometer gaben die Höhe auf 2140 Meter an) und ist stufenweise an den Anhängen hinaufgebaut, die von einer alten Festung beherrscht werden. Es ist die höchste Stadt der Türkei; die Sommer sind schön und gemäßigt; die Winter sind lang und mehr schneeig als kalt. Getreide, wie auch Reis und Gerste, gedeihen gut in der Umgegend.

Vor dreißig Jahren war Baschkala nur ein armseliges Dorf. Als das Vilayet (Bezirk) von Hakkiari gebildet wurde, wurde Baschkala dessen Hauptstadt, und von da an datiert sein Aufschwung. Das Vilayet wurde wieder aufgehoben und mit dem von Wan vereinigt; aber Baschkala behielt seine Bedeutung, denn es ist ein in Kurdistan vorgeschobener Posten und kann einst als Handelsstation zwischen Persien und der Türkei noch eine Rolle spielen, wenn die türkische Regierung einmal dazu gelangen wird, die Wege sicher zu machen. Gegenwärtig ist Baschkala eine wichtige Telegraphenstation auf der türkisch-persischen Linie, sowie Ausgangspunkt mehrerer Wege in den Hakkiari.

Beim Ausgang aus der Stadt sieht man noch die Ruinen einer Fahrstraße, die indes niemals vollendet worden ist und deren Brücken noch zu erbauen sind.

Wir haben auf unserer Reise keine Briganten gesehen, wohl schöne kurdische Typen. Diese Kurden haben in den Thälern, die wir durchreisten, sehr bemerkenswerte Bewässerungsanlagen gemacht. Sie leiten aus unglaublichen Entfernungen das Wasser auf den Gipfel der Hügel, um ihre kleinen Wiesen damit zu bewässern.

Diese Kanäle sind ohne jegliche Nivellierinstrumente, lediglich nach dem Augenmaß hergestellt. Unglücklicherweise scheint es, daß die Kurden es nicht verstehen, aus ihren Arbeiten den größten Nutzen zu ziehen. Immer und überall findet sich die

  1. Es scheint in der That, daß der Fluß von Baschkala, obgleich er kürzer ist, der Hauptarm des Zab ist. Von Anfang an ist er bedeutender als der Zeï, obwohl dieser länger ist. Der Zeï kommt von Norden und bewässert den Albag.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/146&oldid=- (Version vom 9.12.2016)