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desgleichen durch die Engländer. Gegenwärtig sind die Arbeiten zwar eingestellt, aber die Spuren derselben sind noch deutlich sichtbar.[1]

Von der Höhe von Toprak-Kala ist die Aussicht auf Wan und den See wunderbar.

Die Felsen, die den Ostabhang der Erhöhung bilden, sind sehr steil; in der südöstlichen Ecke öffnet sich ein in den Felsen ausgehöhlter stufenförmiger Gang, der zu einer weiten Grotte führt. Der Vorhof dieses Ganges hat kaum ein Meter im Durchmesser; drei stark beschädigte Fenster lassen das Tageslicht eindringen. Auch die Grotte ist nach meiner Ansicht von menschlicher Hand hergestellt.[2] Sie hat lange Zeit den Briganten als Zufluchtsort gedient, weshalb sie auch heute noch sich keines besonderen Rufes bei den dortigen Bewohnern zu erfreuen hat.

Wir kamen zu rechter Zeit noch zurück, um uns in das persische Konsulat zu begeben. Die Gesellschaft war schon in dem Diwan versammelt. Auf einem Buffet waren verschiedene Nebengerichte aufgestellt: Kaviar, Tomatensalat, Häringe etc. Diese Vorgerichte, durch reichliches Getränk gewürzt, z. B. durch Schnaps, Wudky oder Arak bilden den Zakuski. Der Zakuski wird in Rußland vor jeder Mahlzeit genommen, und dieser Gebrauch hat sich bis Persien und die Türkei verbreitet. Jeder bedient sich nach seinem Belieben. Gewöhnlich dauert bei dem persischen Konsul dieses Vorspiel sehr lange, so daß man sich erst zwei bis drei Stunden nachher zu Tische setzt. Wenn aber der russische Konsul anwesend ist, vollzieht sich die Sache viel rascher. Von der langen Dauer bei früheren Gelegenheiten ermüdet, hatte er erklärt, sich zurückzuziehen, wenn der Zakuski länger als eine Stunde dauere. Darum trug man Sorge, mit dem Fest schon vor der Ankunft des russischen Konsuls zu beginnen, und so war es möglich, daß man sich, nachdem der Zakuski anderthalb Stunden gedauert hatte, zum Essen setzen konnte. Bereits wurden die Köpfe warm. Selbstredend ist keine Rede mehr von dem alten persischen Tafelgeschirr; das Diner wird auf einem Tisch serviert, und die Gäste sitzen an demselben nach europäischer Art.

Ich habe mich vergeblich bemüht, das Menu genau zu behalten. Das Diner, nach französischer Art hergerichtet, war gut, aber zu reichlich; Suppe, Hammelfleisch, Hühnchen in Reis, ein süßes Gericht mit Gelee, Pilau folgen in der Weise auf einander, daß nach jedem Gang eine süße Schüssel eingeschoben wurde. Der gewöhnliche Wein war gut, aber der besondere war der reinste Fabrikwein.

Die offiziellen Toaste konnten kaum angebracht werden; denn ein Armenier, der bestellt war, die Toaste auszubringen, und besonders der Telegraphenmudir waren beide schon betrunken und daher in ihren Reden unerschöpflich; es braucht deshalb auch kaum erwähnt zu werden, daß ihre Toaste absolut stupid waren und nur den

  1. Mr. Rennolds von der amerikanischen Mission hat uns in freundlicher Weise die Photographie verschiedener Bronzegegenstände vermittelt, die durch die Ausgrabungen zu Tage gefördert worden sein sollen; einige Tage später konnte Hyvernat ein Bruchstück eines bronzenen Brustschildes kaufen, das ebenfalls daher rührt. Elisée Reclus behauptet in seiner Geographie, daß Chantre Ausgrabungen dort veranstaltet hat. Wann dies gewesen sein soll, kann hier nicht untersucht werden, da Chantre in seiner Reisebeschreibung (Tour du Monde LVIII, 288) ausdrücklich sagt: „Ich konnte wegen Mangels an Zeit keine Ausgrabungen veranstalten.“
  2. Texier, der diese Grotte das Zenzem nennt, findet, daß „nichts darin die Arbeit eines Menschen erkennen läßt“. Ich habe diese Stelle erst nach unserer Rückkehr gelesen, aber sie stimmt mit meinen bestimmten Erinnerungen nicht überein. (Texier. Arménie II. 17).
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)