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einer alten Säule gedient hat, eine zweireihige Inschrift, deren Text sich zweimal wiederholte. Wir kehrten zu Fuß nach Tschorawantz zurück, wo in dem Hügel, der das Dorf beherrscht, einige oberflächliche Ausgrabungen veranstaltet worden sind. Unter anderen Altertümern hat man dort auch einige Pfeilspitzen gefunden, die sich in dem Besitz des genannten Reynolds befinden, sowie zwei Säulenschäfte, die wir in dem Hause Ferdschulians sahen.

Unser abscheulicher Wagen nahm uns wieder auf; Grimaud setzte sich auf den Bock; aber ungeachtet dreier Knüttel, die er auf dem Rücken des widerspenstigen Pferdes entzweischlug, war es unmöglich, voran zu kommen. Wir überließen das Coupé von neuem seinem traurigen Schicksal und kehrten beim Mondenschein zurück, nebenbei bemerkt, in der besten Stimmung.

Die Gegend, die wir bereist hatten, ist sehr merkwürdig durch die Mischung verschiedener Kalksteinarten mit vulkanischen Produkten.

Eine schlechte Nachricht! Unser Gönner Kolubakin war genötigt, in amtlichen Geschäften eine Reise nach Kars zu unternehmen. Er ist ein außerordentlich beschäftigter Mensch wie auch sein Stellvertreter Scherifoff. Was sie eigentlich auf solchen Reisen machen, weiß ich nicht genau. In jedem Falle machen sie überall Rußlands Übergewicht bemerkbar, hören die Klagen der einen und andern, schüchtern auch zuweilen die stets zu Erpressungen geneigten türkischen Beamten ein und breiten nach und nach das Ansehen und den moralischen Einfluß Rußlands in jenen Gegenden aus, die es sicher eines Tages zu annektieren hofft.

Während unseres Abschiedsbesuches bei dem Konsul verhehlte uns dieser seine Unruhe durchaus nicht, die er unsertwegen hatte. Er fürchtete sogar sehr, daß der türkische Gouverneur nach unserer Abreise von Wan uns ausplündern ließe. Dies ist nichts Außergewöhnliches in jener Gegend; denn als sich der englische Konsul von Mosul nach Wan begab, wurde er auf die Veranlassung eines Pascha hin aus, geplündert; ein gleicher Versuch, der aber glücklicherweise aufgespürt worden war, war vor kurzer Zeit gegen Kolubakin von den Kurden unternommen worden, die, wie man versichert, im Dienste des Walis von Wan standen.

22. Oktober.

Wie schon erwähnt, hatte Grimaud uns auf unserem Ausflug nach Deïrmankjöï begleitet. Der Tabur Agassi ließ ihn rufen und begehrte zu wissen, warum er bei uns gewesen sei. Grimaud gab zur Antwort, daß es sein gutes Recht gewesen sei, seine Landsleute zu begleiten. Darauf wurde Tabur Agassi zornig und befahl, Grimaud zu verhaften. Grimaud ließ sich nicht einschüchtern und beendete in seiner Geistesgegenwart dadurch die Szene, indem er das Polizeibureau verließ. Eine Stunde später ließ ihn der Mektubdschi rufen, empfing ihn mit Grobheiten und eröffnete ihm, daß er andern Tages Wan zu verlassen habe, um seinen neuen Posten in Baschkala zu übernehmen; aber Grimaud erklärte ihm, daß er nicht eher abreisen werde, als bis er den rückständigen Teil seines Gehaltes empfangen haben werde.

23. Oktober.

So lagen die Sachen. Aber da Grimaud fürchten mußte, verhaftet zu werden und in Baschkala weitere Verrätereien fürchtete, brachte er alle seine Papiere zu dem russischen Konsulat und richtete, für den Fall irgend eines Unglücks, an den

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/162&oldid=- (Version vom 1.8.2018)