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uns mit großer Angst; denn die Patres haben bisher schon alle möglichen Mißhandlungen ausgehalten, und wenn sie nun noch etwas entgelten sollen, so kann dies nur eine Vertreibung oder noch etwas Schlimmeres sein.[1]

„Sie hatten keinen Konsul hier; darum hatten Sie aber auch kein Recht, den Schutz eines fremden Konsuls anzurufen; das türkische Gouvernement ist Ihr „Beschützer“. Was die russische Protektion angeht, die Ihnen bewilligt worden ist, so habe ich davon noch keine Nachricht; und übrigens könnte Ihnen diese Protektion nur auf meine vorherige Anzeige (?) bewilligt werden; und selbst wenn ich Nachrichten davon hätte, so bin ich der Mann, der sich schließlich nicht daran stört. Ihr Gesandter hatte durchaus kein Recht, Sie unter russischen Schutz zu stellen.“

Dann fügte er, im Widerspruch mit seinen gerade vorher gesprochenen Worten, hinzu: „Wenn man Sie unter den Schutz eines anderen Konsulates (vermutlich des englischen) gestellt hätte, wäre ich eher in der Lage gewesen, dies anzuerkennen. Was das russische Konsulat betrifft, so ist der Konsul abwesend, mit dem ich übrigens nicht auf gutem Fuße stehe; und dieser Scherifoff ist ein Mensch, der sich im Streite mit seinem eigenen Konsul befindet. Niemals werde ich jenem Menschen eine Antwort geben oder ihm das Recht zuerkennen, sich um russische Angelegenheiten zu bekümmern, viel weniger aber um die ihrigen. Ich nehme seine Intervention nicht an, und wenn Sie fortfahren, sich an ihn zu wenden, werde ich es zu bewerkstelligen wissen, nicht bloß Ihre Mission zu vereiteln, sondern Sie zu verhindern, das Haus zu verlassen und abzureisen. Und wenn Sie vielleicht doch Wan gegen meinen Willen verlassen könnten, so werde ich dann doch noch Ihre Reise vereiteln, und wenn Sie verhaftet werden, wissen Sie, wem Sie es zu verdanken haben. (wie schon erwähnt worden ist, hat Khalil Pascha in diesem Geschäft bereits einige Übung.) Wenn Scherifoff einen Kawaß nach Baschkala schickt, um Ihr Gepäck zu holen, werde ich denselben arretieren lassen, und Sie bekommen Ihr Gepäck dann gar nicht. Und wenn Sie mit einem Kawaß von Wan abreisen, werde ich Sie auf der Reise verhaften lassen. Entweder Sie vertrauen mir gänzlich und verzichten auf den russischen Schutz, oder ich bereite Ihnen alle möglichen Schwierigkeiten und Gefahren!“

Unsere Lage war schwierig; wenn auch von den Drohungen mindestens die Hälfte bloßes Geschwätz war, so war das Übrigbleibende doch noch immer so ernsthaft, daß es ein reifliches Überlegen erforderte.

Die Drohungen gegen die Patres waren nur der Ausdruck der schlechten Gesinnung, die die Patres leider nur zu häufig schon erprobt hatten. Es schien uns deshalb auch nicht ratsam, uns auf diesen Menschen zu verlassen, der durch seine

geringe Zuverlässigkeit sowie durch seine Abneigung gegen die Fremden bekannt war, zumal derselbe unsertwegen von Konstantinopel aus verschiedene Verweise erhalten hatte. Andrerseits schien es aber auch wieder gewagt, uns allein auf Scherifoff zu verlassen; er, als der Vertreter des orthodoxen Rußland, hätte in diesem Falle für uns katholische Priester einen erbitterten Kampf gegen den Wali führen müssen; zudem enthielt das Wort von dem offiziösen Schutz eine so weite Instruktion,

  1. Nach unserer Reise hat sich die Lage der Missionare gebessert, weil der Wali die Ungerechtigkeit seines Mißtrauens gegen sie eingesehen hat, wie man sagt.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/170&oldid=- (Version vom 1.8.2018)