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Zwanzigstes Kapitel.
Dschesireh. Von Dschesireh nach Mosul.
Der chaldäische Bischof. Die Stadt Dschesireh und ihre Geschichte. Verkehrte Abreise und deren Folgen; Blokade durch den Regen. Entschluß, Mosul mit einem Kellek zu erreichen. Entlassung der Katerdschis. Transport unseres „Haufes“ auf das Floß. Abreise. Schlechte Reise zu der großen Brücke von Dschesireh. Rubahi; Schneesturm. Einige Worte über die Kurden und Kurdistan. Feschabur; Not wegen der Stromschnellen. Karatschek-Dagh; arabisches Lager; eine eisige Nacht. Der Butma-Dagh; neue Stromschnellen. Eski-Mosul; Lauf der Flöße; Mosul.
12. Dezember.

Wir hatten vor, den in Dschesireh residierenden Dominikanerpater Galland um Gastfreundschaft zu bitten. Da er aber abwesend war, klopften wir an der Thüre des chaldäischen Bischofs an, der uns mit der größten Liebenswürdigkeit aufnahm. Seine Behausung ist neu und reinlich, aber leider nur für wärmere Länder berechnet, so daß man bei den Fenstern mit den schlecht schließenden viereckigen Papierstücken, bei den Thüren, die im Sommer so angenehm sind, weil sie stets frische Luft einlassen, und bei dem gänzlichen Mangel an Heizmaterial herrlich untergebracht ist, um im Winter die größte Kälte zu leiden.

Der Bischof ist noch jung, groß und besitzt vornehme Manieren. Er ist eine Zeit lang bei den Chaldäern in Malabar gewesen und versteht etwas englisch. Wie die meisten orientalischen Bischöfe ist auch er arm; die Chaldäer, seine Schafe, sind armselige Landleute ohne Vermögen. Sie bilden eine sehr dünngesäete Bevölkerung.[1]

Der Bischof empfing uns in seinem Diwan, der auch bald mit Notabeln gefüllt war, die kamen, um die vornehmen Fremden zu begrüßen. Da wir durch und durch kalt waren, wünschten wir nur eines: nämlich in Ruhe unsere Kleider

  1. Nach den Angaben des Bischofs zählt die chaldäische Diözese Dschesireh nur 4555 Katholiken nach chaldäischem Ritus. In geographischer Hinsicht bildet die Diözese ein unregelmäßiges Trapez, dessen kleinere Grundlinie an den Tigris stößt (Fenndück im Norden gehört schon zu Saïrd; Nahrawan bildet die Südgrenze), und das dann immer breiter wird bis zu den Bergen des Hakkiari. Baschkala hängt auch von Dschesireh ab.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/273&oldid=- (Version vom 1.8.2018)