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achtzehn anderen Schläuchen befestigt. Diese achtzehn Schläuche sind mit Stricken auf dünnen Stangen festgebunden, die wiederum rechtwinkelig auf fünf in der Längsrichtung befestigten Hölzern ruhen. Dieses ist der Boden des Kelleks, an dem sich kein einziger Nagel befindet; alles wird mit Stricken zusammengehalten oder noch besser mit Weidenschleifen. Auf diese durchsichtige Zimmererei muß nun ein Fußboden gelegt werden. Die Sache ist sehr leicht – man legt einfach eine Menge Holzknüttel neben einander; diese werden nicht befestigt, weil sie weggenommen werden müssen, damit man nach den Schläuchen sehen kann. Dieser Fußboden ist freilich sehr primitiv und bietet Veranlassung, etwas Gymnastik zu üben, wenn man sich hin- und herbewegen will, auch gestattet er, eine große Anzahl Fußbäder gratis zu nehmen.

Da die Schläuche ein unbedeutendes Gewicht haben und zugleich eine sehr große Menge Wasser verdrängen und das Fahrzeug sehr leicht ist, so hat es auch keinen bedeutenden Tiefgang, so daß man eine große Menge Waren auf einem Kellek unterbringen kann.

Nachdem der Kellek so weit fertig gestellt war, handelte es sich darum, für uns ein Obdach auf demselben herzurichten. Der Bischof strengte sich sehr dabei an, denn wir selbst hatten zu wenig Erfahrung in dieser Geschäftsbranche.

Unser Erstaunen wurde sehr groß, als wir unsere Wohnung entstehen sahen, aber nicht am Ufer des Flusses, sondern in dem Hofe des Bischofs. Es war dies ein wirkliches Häuschen; das Gerüst war aus leichtem Holze und die Wände aus dickem Filz hergestellt. Das Haus hatte eine Länge von vier Archinen[1] 12,75 Meter) und eine Breite von 3½, Archinen (2,40 Meter); die Höhe bis zum Dache betrug 1,80 Meter. Der Fußboden war aus Brettern von alten Kisten hergestellt; an der Seite des Häuschens hatte man sogar einen Anbau angebracht, einen geheimen[WS 1] Zufluchtsort, der direkt mit dem Wasser des Flusses in Verbindung stand.

Nachdem der Grund zu dem Häuschen und der Fußboden hergestellt waren, wurde das Ganze über die Mauern des bischöflichen Hofes gebracht, um die Fertigstellung auf dem nächsten Grundstück vorzunehmen.

Es war sehr interessant, die Zimmerleute bei ihrer Arbeit zu sehen. Die Faulheit oder das Verlangen, so bald als möglich ausruhen zu können, ließ sie mit einer wahren Wut arbeiten; sie schrieen, arbeiteten darauf los und beeilten sich sehr. Wer sie gesehen hätte, wäre sicher auf den Gedanken gekommen, diese Leute seien die thätigsten der ganzen Welt; aber aller Fleiß hatte nur den einen Zweck: sehr rasch Kief machen und eine Pfeife rauchen zu können.

Nachdem die Zimmerleute ihre Arbeit fertig hatten, kam ein armer Teufel, halbnackt und vor Kälte zitternd, und bedeckte alles mit dicken Teppichen aus kurdischem Filz, deren wir siebzehn notwendig hatten.

Als dieser mit seiner Arbeit fertig war, entließen wir unsere Katerdschis. Sie waren angeworben gegen täglichen Sold mit der Verpflichtung, uns bis Mosul zu geleiten. Natürlich begannen sie damit, den Sold für die noch nicht zurückgelegte Reise von Dschesireh nach Mosul zu fordern. Wir gingen darauf ein, stellten aber

  1. Eine türkische Archine ist gleich 0.685 Meter. Siehe etwas weiter (Kapitel XXIII) die Zeichnung des vollkommenen Kelleks, auf dem wir die Reise von Mosul nach Baghdad zurücklegten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gegeheimen
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/277&oldid=- (Version vom 1.8.2018)