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ist, vorbei. Bald bemerkten wir einen großen Schutthaufen, einen wahren Hügel. Auf einmal rief Hyvernat: „Hier ist Babylon! Wir gehen schon länger als zwei Stunden an den Ruinen Babylons vorbei.“ Wir glaubten, er wolle sich mit uns einen Scherz erlauben und fragten, wo wir denn auch nur die Spur einer Ruine, seitdem wir Tell-el-Kreni passiert hatten, gesehen hätten.

Und dennoch hatte Hyvernat recht – wir aber dachten an die Prophezeiung des Jeremias: „Unter der Last des göttlichen Zornes wird Babylon keine Einwohner mehr haben; es wird in eine Einöde umgewandelt werden; wer immer nach Babylon kommen wird, wird von Staunen ergriffen werden und über das Unglück lachen.“ (L. 13) „Und Babylon wird nur aus Gräbern bestehen; es wird die Wohnung wilder Tiere werden, erstaunen wird man über sie und spotten, weil die Stadt keine Einwohner mehr haben wird.“ (LI. 37).

Babil.

Es ist unbegreiflich, daß von dieser außerordentlich großen Stadt, deren Wälle eine wirkliche Provinz einschlossen, die ungefähr 500 Quadratkilometer groß war (also beinahe viermal so groß als die Bodenfläche Londons), nur so wenig übrig geblieben ist; die Sache wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß die Häuser der Armen aus Erde gebaut waren und deshalb leicht zusammenfielen; der Euphrat aber, den kein Damm später mehr in seinen Ufern zurückhielt, wird durch seine Überschwemmungen bald das Ganze geebnet haben; bloß die Paläste, die auf ihren künstlich angelegten Hügeln standen, blieben von dem Wasser verschont; allmählich aber fielen auch sie in Trümmer und bildeten die heute noch sichtbaren Hügel.

Der erste dieser Hügel, Babil, ist ein sehr großer Schutthaufen, der ohne Zweifel die Trümmer des Tempels oder der Pyramide des Belus deckt. Man sieht daselbst noch einige Mauerstücke, besonders solche, die die Ecken eines großen Saales bildeten, wahrscheinlich des Zentral-Saales.

Die Ziegelsteine, die wir fanden, trugen das Siegel Nabuchodonosors, sie sind würfelförmig und ungefähr zweimal so dick wie unsere modernen Ziegel. In diesem Bauwerk waren sie mit Asphalt verkittet; da aber der reine Asphalt nicht widerstandsfähig genug war, so hat man auf die Asphaltschicht noch eine Matte oder

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/340&oldid=- (Version vom 22.12.2020)