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Hilleh ist eine interessante Stadt, besonders durch den regen Verkehr, der in den Bazars herrscht. Hier ist der Eingang zur großen arabischen Wüste; deshalb ist Hilleh eine Grenzstadt in des Wortes eigenster Bedeutung, wo die seßhaften und nomadischen Araber zusammenstoßen, und wo der türkische Beamte höchst ungern gesehen wird. Die Stadt hat 6000 bis 8000 Häuser.[1]

Hilleh ist von großen, fruchtbaren Gärten umgeben, deren Existenz heute aber leider in Frage gestellt ist. Um sich Babylons zu bemächtigen, leitete Cyrus den Euphrat für kurze Zeit in den Kanal von Hindiyeh; seit drei Jahren aber ist das Wasser des Flusses wieder in den Kanal geleitet, so daß der eigentliche Euphrat um die Hälfte kleiner geworden ist. Selbstverständlich hat die türkische Regierung keine Eile, um den Fluß in sein Bett zurückzuweisen. Je länger damit aber gewartet wird, um so schwieriger wird das Unternehmen. Ich würde mich gar nicht wundern, wenn Hilleh allmählich mehr und mehr an Bedeutung verlieren und verschwinden würde, wie Kufa und noch viele andere Städte dieser Gegend verschwunden sind.

Birs-Nimrud.

17. Januar.

Ausflug nach Birs-Nimrud. Von Hilleh aus bedarf es eines Marsches von zwei guten Stunden um Birs-Nimrud zu erreichen, das von weitem schon am Horizonte der einförmigen Ebene sich kühn abhebt.

Birs-Nimrud ist das alte Borsippa ; seine Ruinen bilden zwei große Hügel mit achteckiger Grundfläsche. Der eine scheint ehemals ein außerordentlich großer Palast gewesen zu sein; heute nimmt eine kleine Moschee – Ibrahim Khalil – die Spitze dieses Trümmerhügels ein.

Der andere Hügel trug den berühmten Turm von Borsippa, eines der ältesten Baudenkmäler Chaldäas, in dem man die Ruinen des biblischen, babylonischen Turmes erblicken will. Nabuchodonosor hat in Keilschrift das Geschichtliche dieses Turmes und die Beschreibung der riesenhaften Arbeiten hinterlassen, die er ausführen ließ, um ihn aus den Trümmern zu erheben und ihm neuen Glanz zu verleihen.

Eine Böschung von erdigem Schutt hat einen großen Teil der Mauern bloß gelegt, welche die ersten lagen dieses stufenförmig aufgebauten Turmes bilden. Auf der Spitze dieser Böschung erhebt sich ein großes, außerordentlich dickes Mauerstück,

  1. Hilleh, arabisch Hellath-el-feitha (das weite Hellath) wurde von Seiffeddaulet gegen das Jahr 1100 gegründet. Vor dem Ausbruch der Pest 1831, die große Verheerungen anrichtete, zählte die Stadt 30000 Einwohner. (Oppert).
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/342&oldid=- (Version vom 1.8.2018)