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Fahrt auf dem Flusse selbst. Am Ufer verschwinden die Handelshäuser in der Menge der Dattelpalmen. Den Fluß durchfurchen eine ganze Menge Belems, lange und elegante Pirogen, die an beiden Enden spitz zulaufen. Sie sind ungefähr zehn Meter lang und ein Meter breit. Zwei mit gestreifter Tunika, dem Nationalkostüm bekleidete Araber führen den Belem. Sie rudern tief; aber mit Vorliebe halten sie sich nahe am Ufer und manöverieren da mit ihren langen Bootshaken mit Stielen aus Bambusrohr so anmutig und ungezwungen, daß sie passende Modelle für einen Bildhauer abgeben würden. Die ganze Landschaft ist für den Reisenden, der vorbeikommt, reizend; bei längerem Aufenthalte würde man indes bald die Abwechselung vermissen.

1. Februar.

Ich habe diesen Morgen die alte Stadt besucht; dieser Ausflug wird mir unvergeßlich bleiben.

Man kann sich nichts Schöneres denken als die Überfahrt von dem Flusse nach Basra in der Morgenstunde, wenn die Flut hoch geht. Ich war allein in dem Belem; mir gegenüber saß ein Diener Asfars, ein Araber, der aber etwas Negerblut in den Adern zu haben schien; seine Farbe war bronzeähnlich, sein Aussehen kaltblütig und sehr starrköpfig.

Langsam fuhr der Belem zwischen den zwei mit Palmbäumen bedeckten Ufern hin. Die ältesten neigten ihr Haupt über den Kanal; unter ihnen bildeten junge Palmen, Granatbäume, Orangen und andere exotische Bäume ein dichtes Unterholz. Alle spiegeln sich im Wasser. Die eben am Horizonte heraufsteigende Sonne zeichnete wunderliche Bilder auf dem Wasser. Wenn ich zur Seite auf eine der kleinen Brücken ging, welche die Bewässerungskanäle überschreiten, so hatte ich unter den dunkeln Arkaden eine lange Durchsicht auf diese Flüßchen, die von einem geheimnisvollen Lichte erhellt waren, so daß ich zu träumen glaubte wegen der unvergleichbaren Harmonie der Natur.

Das Ganze erinnerte mich an Claude Lorrains „Flucht nach Ägypten“ in der Doria-Galerie. Hier war die Landschaft zwar unendlich schöner, aber Lorrain ahnte wenigstens das Aussehen des Orientes.[1]

Die Stadt Basra bietet nicht viel Interessantes und hat auch viel von ihrer früheren Bedeutung eingebüßt. Das Ziel meiner Reise war die Kirche. Diese wurde von den ersten Karmelitermissionaren im 17. Jahrhundert erbaut, später zerstört, aber von P. Maria Joseph wieder hergestellt. Ein syrischer Priester versieht den Gottesdienst und leitet eine Schule daselbst.

Es ist wirklich zum Verwundern, wenn man alles sieht, was die Missionare mit einer kleinen Summe Geld ausrichten können. Abgesehen von den Unterstützungen einiger weniger Christen Baghdads, die so reich und großmütig sind wie Asfar, verfügt die Mission nicht über 10000 Francs jährlich, mit denen sie alle die Ausgaben bestreiten muß.

  1. Oppert giebt in dem Atlas seiner Expedition nach Mesopotamien die Abbildung einer Moschee in Basra, die eine schwache Andeutung von der Schönheit der Landschaft geben kann. Übrigens ist nach der Ebbe alle Poesie verschwunden, da der Kanal dann nicht weiter ist als eine Schlammpfütze.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/367&oldid=- (Version vom 1.8.2018)