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eine außerordentliche Geschicklichkeit besitzen mußte, um die drei neben einander gespannten Pferde um diese scharfen Biegungen zu lenken. Gleichsam um die Gefahr noch zu erhöhen, schienen die Pferde gerade solche gefährliche Stellen auserwählt zu haben, um sich zu schlagen und zu beißen. Ich glaube, daß diese Schluchten viel von ihrer Großartigkeit verlieren, wenn man das Thal von Wladikawkas aus hinaufsteigt. Bei dem Abstieg stimmen die Schnelligkeit, mit der gefahren wird, und die steten Veränderungen des Weges mehr zu dem Phantastischen dieser Schluchten.

Schloß der Königin Tamar.

Endlich kamen wir an dem Fuße des Schlosses der Königin Tamar vorbei. Wie ein Adlerhorst hängt es auf der Spitze eines vortretenden Felsens und ist nur durch einen schmalen Pfad zugänglich. Es beherrscht vollständig das Thal. Zwar sind von der ganzen Herrlichkeit nur wenige Trümmer geblieben, aber der Platz war wirklich zu schade, um verlassen zu werden. Heute schützt eine befestigte Kaserne am Fuße des Berges die Militärstraße und ist die wirkliche Pforte der Schlucht geworden. Seit undenklichen Zeiten war dieser vorgeschobene Posten Georgiens befestigt. Die Legende hat ihm den Namen der Königin Tamar gegeben, nach der im Kaukasus noch mehrere feste Schlösser und auch Kirchen benannt sind.

Die Etymologie des Wortes Darial hat sowohl Sprachforschern als auch Altertumsfreunden große Schwierigkeiten bereitet. Brosset leitet es ab von dem persischen Dar-i-Alan, Thor der Alanen, eines skythischen Volksstammes. In der alten arabischen Geschichte findet sich auch derselbe Name „Bab-Allan.“

Das Thal des Terek bildet so ziemlich die ethnographische Grenze zwischen den Osseten und den Tschetschenen, die in der Geschichte der Eroberung des Landes durch Rußland eine so bedeutende Rolle gespielt haben. Die Osseten bilden ein Volk, das von einigen auf 65000, von andern auf 110000 Seelen geschätzt wird. Ihr Ursprung ist lebhaft bestritten worden. Die einen rechnen sie zu den Alanen,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)