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Sechstes Kapitel.
Nakhitschewan. Beïram-Ali. Abschied von Rußland.
Die Stadt und ihre Vergangenheit. Die alten Gebäude der armenischen Dominikaner. Die große Prozession des Beïram-Ali. Der Turm des Khans. Rahim-Khan; sein Palast. wunderschöner Belvédère. Der Platz von Nakhitschewan. Von Nakhitschewan nach Dschulfa. Bereitwilligkeit der persischen Beamten, uns in Persien eintreten zu lassen. Die Fähre über den Aras. Eski-Dschulfa und seine Brücke. Dschulfa. Persien. Liebenswürdigkeit des Bureauchefs. Der Brief von Nazar-Aga. Der betrunkene Postmeister; ein verlorener Tag.

Nakhitschewan ist eine der ältesten Städte des Arasthales; Ptolomäus erwähnt es schon unter dem Namen Naruana. Die Armenier leiten ihren Ursprung von Noe her und zeigen in einiger Entfernung von dem Turm der Khane das Grabmal Noes; ganz gewiß rechtfertigt aber der Titel, den dasselbe trägt, das zerfallene Aussehen nicht.

Die Stadt liegt sehr schön; gegen Nordwesten erhebt sich der Ararat; in nordwest-südöstlicher Richtung, zwischen der Stadt und dem See von Sewenga ziehen sich vulkanische Berge mit tiefen Einschnitten und isolierten Kuppen hin, und endlich, beherrscht von all den Bergen am Fuße des felsigen Ausläufers, auf dem Nakhitschewan liegt, die Ebene des Aras.

Nakhitschewan wurde vielleicht noch öfter zerstört und wieder erbaut als Eriwan. Schah Abbas (1586—1628) fürchtete die türkischen Einwanderungen, und um dieselben zu verhindern, wandte er ein radikales Mittel an. Er verwüstete nämlich das Land zwischen Erserum und Tebris gänzlich und machte eine vollständige Wüste daraus, um den türkischen Truppen das Vordringen unmöglich zu machen. Die Bewohner dieser unglücklichen Gegenden siedelte er in entfernteren Provinzen seines Reiches an.[1]

  1. Die Einwohner von Dschulfa siedelte er in einer Vorstadt von Ispahan an, wo nun Neu-Dschulfa entstand. Als kluger Staatsmann begünstigte er die Handelsunternehmungen der Armenier, und Neu-Dschulfa wurde einer der Haupthandelsplätze des Orients. Unter den habgierigen Nachfolgern des Schah Abbas hatte die Stadt viele Erpressungen zu erdulden, und nur die Erinnerung an die kurze Blütezeit blieb den armen Bewohnern.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/71&oldid=- (Version vom 1.8.2018)