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die gesellige Freude erhöht, für die man hier so ganz und gerne lebt.

Auffallend ist auch hier die Sitte, daß man mehrentheils von weiblichen Domestiken bedient wird, unter welchen es manche schöne schlanke Gestalt giebt; zuweilen gleitet dann der Blick ab von dem glühenden Wein auf die glühende Wange der ihn kredenzenden Hebe. —

Den Charakter der Liebauer zeichnet übrigens eben so sehr strenge Redlichkeit und Biedersinn, als frohe Laune aus. Den Mann, den man Vormittags in seinem Comptoir mit großem Ernst und Fleiß arbeiten sah, findet man an der gesellschaftlichen Tafel oft am frohsten und so, als wenn er keine andere Sorge wie die, den Augenblick des Lebens freudig zu genießen, hätte.

Die Damen in Liebau sind zu gebildet, als daß man ihnen, im Allgemeinen, nicht mit Recht den Vorwurf der Ungeselligkeit machen sollte. Da diese nicht in dem Mangel an Erziehung liegt, so kann sie nur im Herkommen ihren Grund finden. Nur selten findet man, auch in den zahlreichen Privatgesellschaften,

Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/119&oldid=- (Version vom 13.12.2020)