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stark an sich trug, die Illusion nicht selten unterbrach und das Bad zu einer Wäsche umgestaltete. — Auch einige schimmernde Bruchstücke des goldenen Zeitalters glänzten uns hier am Strande entgegen, und zwar in der patriarchalischen Unschuld, mit welcher sich Männer und Weiber ganz nahe neben einander in die Fluten warfen. Das Meer ist freylich ein ansehnliches Feigenblatt, das jenes der Eva an Größe und Weiche übertrift; doch es haftet weniger, als das paradisische Blatt und die Erbsünde, die sich’s zur Hülle nahm. Weiter von der Stadt verschwanden die Badegestalten immer mehr und mehr. Hin und wieder erinnerte das Geripp eines alten Wracks, daß eben dasselbe Meer, welches die Graziengestalt eines holden Mädchens wie ein leichtes Gewand umfloß, auch das feste Gebäude eines Schiffs zertrümmern kann, so wie auch wieder dem Meere gleich, jene Schöne vielleicht die glatte Oberfläche nur in den Frühlings- und Sommertagen trägt, wo die Stürme schweigen, aber wenn erst das Herbst-Aequinoctium des Ehestandes

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/122&oldid=- (Version vom 14.2.2021)