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Zum Schluß möge sich der Leser noch eine Anekdote von der Treue und Liebe eines Bauern aus der piltenschen Gegend für seinen Herrn erzählen lassen, die letzterer in einem Tagebuche aufbewahrt hat. Obschon, seitdem die Geschichte sich zutrug, beynahe 100 Jahre verflossen sind, so glaube ich doch, daß jeder edle Zug des menschlichen Herzens in seinem Interesse für das Gefühl eben so wenig, als die Freyheit bey den Römern, verjähren könne. Unweit Pilten liegt ein großer tiefer Morast, der zum Privatgute Sirgen gehört. In diesem Morast hatten sich damals, als im Kriege zwischen Schweden und Rußland zu Anfange des 18ten Jahrhunderts auch Kurland verwüstet wurde, mehrere Bauern einen verborgenen Weg gebahnt, wohin sie ihre Familien und Vorräthe flüchteten. Die meisten Güter Kurlands wurden zu der Zeit so zu Grunde gerichtet, daß ihre Besitzer nur mit Mühe ihr Eigenthum erhalten konnten. Ein Herr von H— war damals Erbbesitzer auf Sirgen; der Krieg hatte seine Wohlfahrt zerrüttet, und er war um ein für jene Zeit sehr großes Kapital, das

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/184&oldid=- (Version vom 14.2.2021)