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erhalten. Zu Anfange des vorigen Jahrhunderts ward sie von den Schweden belagert, und der nordöstliche Theil derselben größtentheils niedergeschossen; aber späterhin wieder hergestellt. Man kann die Stellen noch deutlich unterscheiden, wo an der alten, hier und da mit grünem Moos bedeckten Mauer, eine neuere angebaut worden. Ein aus dem Gemäuer hervorragender einzelner großer Stein, soll dort gewiß irgend eine damals merkwürdige Begebenheit andeuten, deren Andenken sich aber verloren hat. Wahrscheinlich fiel hier ein Held, und der Stein, auf dem jezt ein kleines Bäumchen wurzelt, bezeichnet die Stelle, wo er den Todesstreich erhielt. Hoch in der Luft sproßt das Bäumchen auf so beschränkter Wurzel; kein Regen spühlt es herab, kein Sturm reißt es fort; auf einem engen Raume keimte es, so viel ihm die fehlende Nahrungskraft erlaubte, zum Himmel empor. War der Mann, dessen Andenken der Stein etwa bezeichnen sollte, wie jenes Bäumchen, das sich auf dem ihm geweihten, und doch die Geschichte seiner Tage verschweigenden Monumente

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/191&oldid=- (Version vom 14.2.2021)