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Straße, die von Litthauen nach Liebau, auch nach Mitau führt, ist angenehm, besonders nach dem nahen Windaustrome hin, den man aus einem finstern Walde wie eine geglättete Eisbahn hervorschimmern sieht. Bemerkenswerth ist hier der Kalkbruch, der beste, den ich in Kurland kenne. Die Steine werden am Ufer oft in großen Quadern ausgebrochen, sind wie Kreide weiß und lassen sich schaben. Ein solcher brennender Kalkofen, wo vielleicht 20 Klaftern Holz auf einmal angezündet sind, wo die Gewalt des Feuers die auf einander geschichteten Steinmassen durchglüht, so daß über die Steinschichten hervor die rothen Flammen spielen, läßt sich mit Vergnügen betrachten. Durch die Glut werden die Steine, die erst weich und zart aus dem Mutterschooß der Erde kamen, dann in der freyen stürmischen Luft wie Felsen erhärten und eine gelbere Farbe erhalten, wieder weich, zart und nützlich. Ob die Glut des Schmerzes und der Leiden nicht auch den Menschen den Dienst erzeiget, sie zu reinigen, zu erweichen, zu läutern und so brauchbar zu machen

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/36&oldid=- (Version vom 13.12.2020)