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Grabe trägt die kurze schöne Inschrift in lettischer Sprache:

„Alle Kinder, die du dem Herrn erzogst, werden im Himmel dich ehren und erfreuen.“

Jeder Leser wird es mit mir empfinden, daß hier der laute Dank am Grabe der edlen Bäuerin eben so das Verdienst dieser als das schöne Gefühl dessen bezeichnet, der ihr das Denkmal weihte. Jenes große redliche Herz in der silbernen Hülle ruht dort nicht sanfter als hier unter dem stillen Rasen das schöne Herz der Bauerfrau, die ja auch das höchste gethan, was nur ein Mensch zu thun vermag — die ihre Pflicht erfüllte.

Bey dem Spaziergange auf diesem Kirchhofe fand mein Freund, Dr. Trinius, der mich nach Mitau begleitete, mehrere Schädel, die er nach den Regeln der Gallschen Lehre beobachtete. Vorzüglich sah er an einem Schädel, der im hohen Grase, als ob er schliefe, auf der Schläfe lag, ein auffallend starkes Organ des Höhesinnes. Welche Träume mögen einst auf den Organen des Gehirns dieses Schädels geflattert haben, deren

Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/370&oldid=- (Version vom 12.12.2020)