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leichte Schwingen endlich an den Spitzen des Todtenkreuzes zerbrachen! wie ängstlich mag der ätherische Bewohner dieses engen Knochenhauses über seinen Stand und dessen Fessel hinausgestrebt haben! und so mag wohl sein letzter Schlaf im Grabe sein erster ruhiger gewesen seyn! Eine Laune des Zufalls hat dem sprechenden Organe dieses Schädels noch im Grabe gehuldigt, indem sie ihn aus der Tiefe hervor in die Höhe auf die Grabhügel seiner Brüder hinwarf. — O schade, schade, daß auch im Menschenleben selbst der Höhesinn sich selten anders und höher als auf die Gräber seiner Brüder schwingt! Dieser Schädel, als ihn noch das frische Leben mit der Gitterwand von Fleisch und Bein verband, hätte, in anderen Verhältnissen geboren, vielleicht als Held auf Gräbern gewandelt, wie er jezt auf Gräbern ruht. Ein zweyter, durch das Organ der Kindesliebe ausgezeichneter Schädel lag bey kleinen Knochen, als hätte es ihm das Schicksal gewährt, die Reste der Lieblinge um sich zu versammeln, deren Verlust im Leben ihn vielleicht frühe zum Grabe führte. Ich kenne

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/371&oldid=- (Version vom 12.12.2020)