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In ernster, wehmuthsvoller Stimmung ging ich weiter, wo des Baches Ufer flacher wird und mit schönem Laubholz bewachsen ist, aus dem lichten Gebüsch am Bache herauf in die tiefsten Dunkel des Fichtenwaldes. Über einen, ganz in Form eines Grabhügels gestalteten, hochbemoosten Stein führt ein gerader Gang zu einer hohen Tanne mit tief herunter hängenden Ästen, unter deren natürlichem Dache ein Altar von Stein errichtet ist. Ein einfaches Kreuz, dem ein eben so einfaches, mit Epheu umwundenes Postament zur Unterlage dient, steht auf demselben, und an dem Postamente liest man die prunklose schöne Inschrift:

Erhebe dich Seele!
Hier im schauerlichen Hain
Denk’ den erhabenen Gedanken –
     Unsterblichkeit. –

Einen Altar der Unsterblichkeit kann und darf kein Schmuck, keine gewählte Kunst zieren. Hat sie einen Tempel sich errichtet, so ist es nur die blühende Erde, mit der hohen Sternendecke voll Welten über ihr. Hier dieser einfache Altar, in stilles Dunkel gehüllt,

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/376&oldid=- (Version vom 12.12.2020)