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man, um zu sehen wie die Krone den Schädel drücken mußte, den sie nicht mehr zieren kann; die Ordenssterne auf einer Leichenbrust gleichen der Lava, die nicht mehr glänzt, wenn unter ihr der Vulkan ausgeglüht.

Es geht die Sage, daß unter diesen fürstlichen Leichen auch die eines kurischen Bauern liege, der sich für einen der Herzoge — einige nennen Wilhelm, andre Ferdinand — in den Tod gab, und sich, in der Kleidung des Fürsten, als dieser auf einer Reise hinterlistig ermordet werden sollte, freywillig erschießen ließ. Man hat aber neuerlich sprechende Gründe zum Beweise angeführt, daß die Leiche, welche man für jenen edlen Bauern ausgiebt, keine andere, als die des Prinzen Alexander, eines Sohnes des Herzogs Jabob, ist, der ohne den rechten Arm zur Welt kam, und bey der Belagerung von Ofen im Jahr 1638 blieb. Ich glaube indessen, daß eine so allgemeine Sage doch nicht ganz ohne Grund seyn kann und die Geschichte selbst wenigstens wahr ist. Züge des höchsten Edelmuths werden oft nur der Tradition vertraut, merkwürdigen Frevel

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/430&oldid=- (Version vom 12.12.2020)