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entsinnen können) z. B. für Feder sagen: ein Ding, womit man schreibt. — Diese Bedeutung des Wortes Ding bestätigt sich dadurch, daß es sehr nahe mit Düng und Dung zusammenhängt, und auch sonst oft damit verwechselt wurde. Z. B. bei Luther kömmt das Wort Ding häufig als Endung eines Wortes vor; als, statt Deutung — Deutding u. s. w. und wenn man in den ältern Denkmälern unserer Sprache nachforschen wollte, so würde man es noch öfter in dieser Gestalt finden. Nach und nach schob man nun diesem Worte einen höhern Sinn unter, und so wurde endlich aus der Bezeichnung eines Gattungsbegriffs, aus dem Ausdrucke für ein Etwas, das zum Behuf eines andern da ist, die Bezeichnung eines der allgemeinsten Begriffe, die Bezeichnung eines Etwas überhaupt.


Noch mehr Schwierigkeit findet sich bei der Erklärung des Wortes Sein. Sein drückt den höchsten Charakter der Vernunft aus, und der Mensch muß sehr ausgebildet sein, um sich zu der reinen Vorstellung desselben erheben zu können. Da wir indeß die Worte: sein, ich bin, du bist u. s. w. auch in den Sprachen uncultivirter Völker antreffen, so kann es wohl jene hohe, nur der schärfsten Abstraction zugängliche Idee nicht sein, was ursprünglich durch diese Zeichen ausgedrückt wurde: Sie bezeichnen in jenen frühern Perioden einer Sprache — was sie auch uns in den meisten Fällen, wo wir uns ihrer bedienen, bedeuten — das Dauernde im Gegensatz des Wandelbaren, oder den sinnlichen Begriff der Substanz. Es versteht sich, daß ich dieses

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottlieb Fichte: Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprung der Sprache. Hofbuchhändler Michaelis, Neu-Streelitz 1795, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Von_der_Sprachfaehigkeit_und_dem_Ursprung_der_Sprache_295.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)