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Verschiedene: Wünschelruthe

25
Vor dem Golfe von Venedig,

     Und vor Flanderns böser Bank,
Und dem Golfe von Leone,
     Die da bringen oft Gefahr! –

Sprach hierauf der Graf Arnaldos,

30
     Hören sollt ihr, was er sprach:

Seemann, o bei Gott! ich bitte,
     Sage jezt mir jenen Sang –
Ihm der Seemann d’rauf erwiedert,
     Diese Antwort er ihm gab:

36
Jenen Sang nur dem ich sage,

     Der mit mir auch theilt die Fahrt.


6.
Romanze vom Jungfräulein (Infantina) (p. 259).

Auf die Jagd geht aus der Ritter,
     Auf die Jagd, wie er es pflag,
Seine Hunde sind ihm müde,
     Ihm verloren war der Falk;

5
Lehnte sich an eine Eiche,

     Wunderhoch die Eiche war,
Auf sehr hohem Aste sitzen
     Er ein Jungfräulein gewahrt’,
Haare ihres Hauptes deckten

10
     Jene Eiche ganz und gar. –


Nicht erschrecken sollst du, Ritter!
     Haben nicht so große Angst,
Tochter bin des guten Königs
     Und der Kön’gin von Castillia[1];

15
Es verwünschten sieben Feen

     Mich in einer Amme Arm
Daß ich sieben Jahre wandre
     Ganz allein auf diesem Wall.
Heut’ die sieben Jahre enden,

20
     Bald, noch an demselben Tag

Fleh’ ich dich bei Gott, o Ritter!
     Führe mich mit dir hindann,
Wenn du wolltest, als Gemahlin,
     Wenn nicht so, als Freundin dann. –

25
Wartet meiner, gnäd’ge Herrin,

     Bis auf Bald, noch heut am Tag,
Gehen will ich Rath zu hohlen
     Einer Mutter, die ich hab’ –
Antwort gab ihm das Jungfräulein,

30
     Diese Worte zu ihm sprach:

O dem Ritter geh es übel,
     Der das Jungfräulein verlaßt. –

Er geht hin sich Rath zu hohlen,
     Und sie bleibet auf dem Wall,

35
Ihm den Rath gab seine Mutter,

     Er nehm’ sie zur Freundin an.
Als zurück der Ritter kehrte,
     Nimmermehr den Wall er fand,
Sah sie, wie man fort sie führte,

40
     Mit sehr großer Reuterschaft.


Hier der Ritter, der sie schaute,
     Auf den Boden niedersank,
Als er wieder zu sich kommen,
     Diese Worte er da sprach:

45
Ritter, der verlieret Solches,

     Der verdient sehr große Straf’,
Seyn werd’ ich mir selbst der Richter,
     Selbst das Urtheil ich erlaß:
Händ und Füß’ man ab mir schneide,

50
     Und man schleif’ mich durch die Stadt.




Dr. John Tweddell’s Reisen in Griechenland.
Von Dr. C. J. L. Iken[2].


Der englische Gelehrte John Tweddell, geb. 1769 zu Threepwood unweit Newcastle in Northumberland, war in seiner Jugend zum Rechtsgelehrten bestimmt. Von dem berühmten engl. Philologen Dr. Parr aber für die Philologie gewonnen, studirte er diese in Cambridge, und reis’te dann über Hamburg in’s übrige Deutschland, wo er besonders an Heyne in Göttingen einen vorzüglichen Freund fand. Dieser, so wie Fellenberg, Wyttenbach und Frau von Stael urtheilten sehr günstig über ihn; in Berlin wurde er dem Könige von Preussen persönlich bekannt, und stand mit Bonaparte, Suwarow u. a. in Verbindung. – Ueber Dresden und München ging er nun nach der Schweiz, dann über Wien durch die Ukraine nach Moskau, Petersburg, Stockholm, und zurück über die Krimm und Ukräne nach Konstantinopel, Skutari in Kleinasien, und endlich durch den Archipelagus nach dem herrlichen Griechenland.


  1. Ohne Sinnentstellung konnte hier die Assonaz nicht streng durchgeführt werden.
  2. Aus dem engl. Werke: Remains of John Tweddell, including his travels in Greece etc. Sec. Edit. London. 1816. 4. M. K. Ich werde davon demnächst eine Uebersetzung herausgeben, die jedoch von dem großen polemischen Theil der Schrift nur das Wichtigste und Anziehendste im Auszug enthalten soll. – Eben so wird von mir bald eine eigene Schrift „über die Neu-Griechen, den gegenwärtigen Zustand ihrer Cultur, und ihre Erscheinung auf der Bildungsstufe von Europa“ erscheinen. Dr. Iken in Bremen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_026.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)