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Verschiedene: Wünschelruthe


als gelehrte Forscher an das Studium und die Kritik der alten Kunstwerke wagen. Man kann darüber keine glaubwürdigere Nachricht ertheilen, als das Urtheil des competentesten Richters in dieser Sache, des berühmten Directors Hackert in Neapel.

Reifstein hatte, sagt er, in allem einen sehr gebildeten und sichern Geschmack, eine genaue Kenntniß der Zeichnung nach dem Stil der Griechen, den er in Rom und Florenz an den antiken Statuen und Basreliefs sorgfältig studirt hatte; er urtheilte sowohl in der Bildhauerey, als Mahlerey sehr richtig über Zeichnung und Stil; aber auch für das Colorit hatte er ein sehr sicheres Auge, und beurtheilte mit eben der Richtigkeit Gemählde von allen Gattungen. Da er an alles selbst Hand angelegt hatte; da er sogar Landschaften mit Wasserfarben gemahlt und vieles nach der Natur gezeichnet hatte: so kannte er die Schwierigkeiten der Kunst, und hatte davon mehrere Kenntniß, als gemeiniglich die gelehrten Kunstkenner und Beurtheiler besitzen. Auch in der Architektur hatte er einen sehr feinen Geschmack sowohl in Absicht auf Stil als auch in Rücksicht auf Schönheit und Verzierung; er urtheilte hierin mit Strenge und Richtigkeit, und ließ keine Verzierung gelten, von deren Daseyn man nicht eine befriedigende Ursache angeben konnte. Er hatte auch hierin sein Auge nach den antiken Monumenten der Baukunst gebildet, und urtheilte daher sehr richtig, ob er gleich diese Kunst nicht gehörig erlernt hatte. - Auch in den geschnittenen Steinen war seine Kenntniß sehr groß etc. Vielleicht sind in Rom Leute, die eine größere Kenntniß der Antiquitäten haben; aber schwerlich verbindet ein anderer so viele Kunstkenntniß und Geschmack damit, als Reifstein.“

(Die Fortsetzung folgt).




Anfang des dramatischen Märchens
Fortunatus und seine Söhne,
von Thomas Dekker.
Im Jahr 1600 aufgeführt vor der Königin Elisabeth.
Aus dem Englischen
von F. W. Val. Schmidt.

(Eine Abhandlung über den Grundgedanken dieses Märchens, über die verschiednen Darstellungen im Morgenlande und Abendlande in der 1001 Nacht, den Grimmschen Kindermärchen, im Volksbuch, bei Hans Sachs, im altdeutschen Theater (von Tieck), und von Tieck wird die Uebersetzung begleiten).




(Ein wilder Wald; Fortunatus (ein Alter), der sich verirrt hat, ärmlich gekleidet, geht einige Mal über die Bühne, und knackt Nüsse. Dann spricht er):

     Fortunatus. Heda! He! He! He!
     Echo. He! He! He!
     Fortun. Höre du da!
     Echo. Höre, du da!
     Fort. Wenn du ein ordentlicher Kerl bist, so sag mir, wie nennst du diesen Wald?
     Echo. Diesen Wald.
     Fort. Ja, diesen Wald; und wie wäre ich am besten heraus?
     Echo. Am besten heraus.
     Fort. Ha! ha! ha ! das ist wahr, am besten heraus wäre ich, wenn ich heraus wäre. Aber wie ich zu diesem Auskommen kommen kann, daß weiß ich bei dieser Made (er zeigt auf eine aufgeknackte Nuß) nicht. Hieran erkenn ich, wir sind alle Speise für die Würmer. - Nun, ich bin recht arm, und recht geduldig; Geduld ist eine Tugend; wollte Gott, ich wäre nicht tugendhaft, das heißt, nicht arm; vielmehr reich an Lastern, das heißt reich an Geldstücken. Freilich bin ich wohl reich an Stücken; nämlich mein Rock ist ganz in Stücken, so daß ein einäugiges Pferd mich ganz durchschauen kann. Ich habe lange geseufzt, und das macht mich windig; ich habe lange gefastet, und das macht mich keusch; wahrhaftig, ich habe wenig gebetet, und das macht mich immerfort in diesem Zauberkreise tanzen; ich bin lange gewandert, und das macht mich müde; was meine Müdigkeit betrifft, so will ich mich sogleich nieder legen; statt zu fasten will ich Nüsse speisen; statt zu seufzen, will ich lachen und mager sein. Hör Echo!
     Echo. Hör Echo!
     Fort. Da hast du eine Nuß!
     Echo. Da hast du eine Nuß!
     Fort. Knacke sie auf!
     Echo. Knacke sie auf!
     Fort. An den Galgen mit dir!
     Echo. An den Galgen mit dir!
     Fort. Du bist ein Schuft! ein Schuft!
     Echo. Ein Schuft! ein Schuft!
     Fort. Ha! Ha! Ha!
     Echo. Ha! Ha! Ha!
     Fort. Nun, so lachen zwei Narren über einander. Ich lache über mein schwatzhaftes Mütterchen Echo, und sie über mich. Bald wird ein alberner Wisch im Druck erscheinen, über den alten verlegnen irrenden Ritter, womit ich gemeint bin. Ich möchte wohl das Buch sein: denn, dann wäre ich gewiß herausgekommen, nämlich von hier.

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)