Seite:Wünschelruthe Ein Zeitblatt 112.jpg

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Verschiedene: Wünschelruthe


So nimm dies Zeichen denn, verscheuch den Kummer,
Von dir nur träumte sie ja stets und wieder;
Nur mit dem Lebenstraum kann sie entflieben;

Z.




Ueber altdeutsche Gemälde.




(Fortsetzung).

Nach diesem Allen scheint es, der Geist der niederländischen Schule habe hier schlimme Folgen gebabt; aber es ist nur ein Beweis, daß jeder ursprüngliche eigne Zug in der Kunst ganz und ungeteilt aufgefaßt seyn will und jede Zusammenstoppelung hier verdirbt. So werden wir es bei allen solchen Zwischenschulen finden, die um so besser sind, je mehr das eine ihrer Elemente gegen das andre zurücktritt. - Dieß ist schon mehr der Fall in einem großen Flügelbilde, das nun in der Behandlung ganz von der alten Art abgewichen ist und mehr durch die Form der Köpfe und die Identität des freundlichen Ausdrucks daran erinnert. Wir reden hier besonders von den Außenseiten der Flügel, die gegen die gewöhnliche Weise bei weitem das Schönste an dem ganzen Gemälde sind: einzelne Heilige stehen neben einander; auf dem rechten Flügel Maria mit dem Kinde in der Mitte, von wunderbarer Lieblichkeit des Ausdrucks, wohl zusammenstimmend mit den bestimmten aber sanften Umrissen, wie mit der zarten Helligkeit der Farben, die die goldne Krone auf dem langen blonden Haar, das rothe Untergewand und den hellblauen Mantel in anmutige Wechselwirkung setzt. Das Kind, schöner als die Eyckschen, aber ohne die liebliche Form und Tiefe des auf dem Dombilde, greift nach einer weißen Rose, die ihm die heilige Dorothea, zur Rechten der Maria stehend, aus ihrem Blumenkörbchen reicht. Zur Linken der Maria steht die heil. Agnes mit dem Lamm, in einem Buche lesend. Die Köpfe sind alle von großer Anmuth, haben etwas von der griechischen Form und einige Aehnlichkeit unter einander; aber das Streben nach Charakteristik ist auch hier, welches, da es nicht rein aus dem Blick in die Natur hevorging, fast auf eine Lukas von Leydensche Ueberzierlichkeit führte. Auf dem andern Außenflügel sind drei männliche Heilige; unter ihnen St. Rochus als Pilger, mit der Rechten das Gewand aufhebend und auf die Pestwunde zeigend, welche Vorstellung damals häufig gefunden wird, dem altkölnischen Geiste aber zuwider gewesen wäre; neben ihm St. Dominikus als Mönch mit der Lilie. Alles dieß beurkundet eine bedeutende Stufe der Kunst, und sticht von dem inneren Bilde, die Geschichte des heil. Sebanstian vorstellend, ab, wo wir besonders in Allem was Handlung heißt eine merkwürdige Unbebolfenheit wahrnehmen. Auf dem Mittelbilde ist der Heilige an einen Baum gebunden, schon von vielen Pfeilen durchbohrt; das Nackte ist ziemlich schlecht gezeichnet, der Ausdruck, wie es scheint aus Furcht vor Verzerrung, freundlich unbedeutend. Die Henkersknechte stehen ungeschickt und fallen beim Schießen beinahe rücklings über; das helle Colorit ist hier ohne alle Harmonie und die Umrisse dagegen fast hart. Die Landschaft ist ohne Kenntniß und Liebe gearbeitet. Die Mischung der beiden Arten der Malerei ist hier gerade die entgegengesetzte als in dem vorigen Bilde; und doch ist aus ihr auch hier wenig Gutes entstanden.

Sehr merkwürdig ist uns eine Geisselung und Dornenkrönung Christi in derselben Sammlung, als Charakterbild aus der höchstidealen Schule. Wir kennen kein Gemälde das wir so gern dem Dommeister zuschrieben als dieses. Die Form des Christus ist schön; die Behandlung so weich als auf irgend einem Bilde dieser Art; der eine Henkersknecht sehr charakteristisch, von einer Art Ausdruck wie sogar bei Martin Schön! die andern[WS 1] so allgemein, daß man den Kopf des einen für einen Apostel nehmen könnte. Es mag dieß fast das einzige Gemälde dieser Art ohne Goldgrund seyn; nur ein kleiner Theil des Grundes ist mit der Wachspresse gearbeitet; das übrige ist Architektur, die aber nicht vorzüglich ist.

(Die Fortsetzung folgt).




Triolette







1.

     Diese liebliche Gestalt,
Ewig hält sie mich gefangen:
Dieser Lippen frisches Prangen,
Diese liebliche Gestalt;

5
Blaue Augen, blüh’nde Wangen,

Von der Locken Nacht umwallt!
Ewig hält sie mich gefangen,
Diese liebliche Gestalt!

2.

     Liebe spricht aus allen Mienen,
Redet auch die Zunge nicht.
Wenn zum Reden Muth gebricht,
Liebe spricht aus allen Mienen,

5
Leuchtet aus der Augen Licht,

Seit du mir zuerst erschienen;
Liebe spricht aus allen Mienen,
Redet auch die Zunge nicht.

Karl v. Oberkamp.[WS 2]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: andere. Siehe Druckfehler S. 136
  2. Vorlage: Oberkanep. Siehe Druckfehler S. 136
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_112.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)