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Verschiedene: Wünschelruthe

Gott muß es schicken wenn’s soll glücken.




Vertrauen.

     Wenn Aengst’ und Noth im Leben gähren,
Die dunkle Sorge Macht gewinnt,
Dann wird der Glaube die verklären
Die ihres Vaters Kinder sind.

5
In Noth will sich die Liebe zeigen,

Sie bietet uns die starke Hand,
Wer kann ein anderes bezeugen,
Der je zu ihr den Blick gewandt?

     Dem Glauben sprießt des Muthes Blume,

10
Wenn Sturm das Irdische entlaubt;

Geweiht dem gläub’gen Heldenthume,
Wird keinem der Demant gerauht,
Der leitend stralet durch das Dunkle,
Der Diamant voll Wunderkraft,

15
Der, ob der Blitz des Todes funkle,

Dem ew’gen Leben Sieg verschafft.

     Das Himmelreich bannt ird’sche Sorgen;
Wem enge Furcht im Busen glimmt,
Dem bleibt die lichte Hand verborgen

20
Die uns den Stein vom Herzen nimmt.

Wer freudig sorgt ein Kind zu werden
Das seines Vaters Liebe will:
Der macht die Sorge dieser Erden
Mit Einem Himmelsblicke still.

25
     Es sorge sich, wer Gott verloren!

Es gräme sich, wem Liebe fehlt!
Dem ist der Heiland nicht geboren
Der sich um andre Habe quält.
Wie fröhlich kann zu Ihm sich wenden,

30
Von wem sich jedes abgewandt;

Will er uns seinen Himmel senden,
So fällt uns alles in die Hand.

O. H. Graf v. Loeben




Märchen vom Ritter und vom Vogel.
(Fortsetzung).

Im Herzen war der König unserm Ritter gram, denn er fürchtete ihn für die Zukunft, weil er der mächtigste Dienstmann im Lande war, und das Volk mehr vom tapfren Helden Franz, als vom Könige zu reden wußte! - deßhalb dachte der König daran, wie er Franz verderben wollte - er wußt daß seine Liebe zu der Jungfrau Fredegunde groß war! Es war aber an dem Tage auf dem Turnier, ein fremder Rittersmann ganz schwartz gekleidet, den noch keiner mit Ehren hatte bestehen können. Der König war dem Herrn deshalb gram und ließ bekannt machen, durch einen Herold der einen weißen Büschel von Reiherfedern auf dem leuchtenden Helme trug: Hört ihr Herrn der König hat geschworen, wer den schwarzen Ritter auf den grünen Boden legt der soll sein herzliebster Eidam und Erbe im Reich sein! Es stritten Viele mit dem Manne in schwarzem Eisen, aber alle waren noch vor ihm gesunken; da nahm Franz sein weißes Roß zusammen, und an sein liebes Herz denkend, wollte er auf Tod und Leben streiten mit dem wilden Manne. In dem Augenblick durchströmte ihn sein Blut heißer wie sonst - der Harnisch rasselte wie der Sturm im kahlen Eichforst auf seinem schönen Leibe! Ueber seinem Haupte hörte er einen süßen Gesang der seinem berauschten Busen also klang:

Fahr’ hin, fahr hin
O liebes Herz
Fahr schnell fahr schnell
Ueber blut’gen Schmerz!

5
Ich bin dir nah, ich bin nicht weit,

Morgen ist die rosenrothe Hochzeit!

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_113.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)