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Verschiedene: Wünschelruthe


ein Ritter an König Artus Hofe, und Kaiser Karl ungefähr eben solche Zeitgenossen wie Dido und Aeneas. Doch dieß thut nichts zur Sache. Wigalois verschafft durch seinen tapfern Arm der rechtmäßigen Erbinn das väterliche Reich wieder, aus dem sie durch schändliche Frevelthat vertrieben war, und wird dafür mit der Hand der Fürstinn und dem Reiche Korentin belohnt, nachdem nun alle Kron-Vasallen, wie sich gebührt, ihre Lehen von ihm empfangen, und ihm gehuldiget hatten, so gebietet er ihnen


Daz si behielten Karles reht,
Und die gerihte machten sleht
Uber allez sin riche.

Man sieht der Dichter spricht, wie man zu seiner Zeit in Deutschland dachte, zu einer Zeit, in der vielleicht durch die Verehrung, welche Kaiser Friederich I. seinem großen Vorfahren bewiesen batte, das Andenken an diesen neu belebt worden war.

Eine ähnliche Ansicht drückt folgender Spruch des Hardeggers aus, der im zweyten Theile der Sammlung von Minnesingern S. 121. steht, aber so fehlerhaft und entstellt, daß Manches darin völlig unverständlich ist. Ich theile daher meine Wiederherstellung derselben und unter dem Texte die alten, gegen Sinn und Versmaß verstoßenden Lesarten mit, und wünsche, daß man die erstere eben so treffend finden möge, als man die letzten aus den ersten Blick für falsch erkennen wird und erkennen muß.

Anderswo.








Ich zurne mit dem tode niht, daz er ans Karlen nam;
     Ich zurnte gerne (und wisse ich wem) daz sit nie Karle kam
     Nach im, der rehte rihte als er,
     Und elliu dinc so gar zem besten kerte.

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Er sprach zem klagenden selten: ‚Friunt, waz wiltu gerne geben,

     Daz man dir rehte tuo, und dich mit fride laze leben?‘
     Ouch was des niemen zuo im ger,
     Daz er dur guot den schuldehaften lerte
Daz er unschuldech stunde da



Z. 2. Ich zurnte gerne und wisse ich wenne
   3. Nach und der rehte rihte als er
   7. Ouch was des armmen ger
   8. Daz er dur Got



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Und daz der arme klagende schuldech wäre.

Des pflegent die Herren anderswa.
Ichn zihe es hie die herren niht (Also vernemt diu märe!);
Die rihtent nach dem rehte, und als in Karlen buoch gebot. —
Si daz au war, so helfe in got mit freuden hie und dort von wernder not!

Karlen bouch, von dem in diesem spitzen und bittern Spruche die Rede ist, und das auch in der Vorrede zum Schwaben-Spiegel als die Quelle des weltlichen Rechtes erwähnt wird, schloß keineswegs das ältere jedem Lande eigenthümliche Recht aus. Von dem thörichten Frevel, dieses heiligste Eigenthum des Volkes gewaltsam anzutasten, war Karl so weit entfernt, daß er vielmehr, nach Eginhard’s Zeugniß (Kap. 29) in seinem ganzen Reiche die ältern Rechte sammeln, und wenn sie noch nicht schriftlich vorhanden waren, niederschreiben ließ. Behielten doch selbst die Sachsen, obgleich durch die Gewalt der Waffen bezwungen, ihr ganzes altes Recht, in so fern es nicht der christlichen Religion widersprach, und drey im Sachsen-Spiegel B. 1 Art 18 besonders erwähnte[WS 1] Punkte, so gar gegen Carls Willen. Da aber die sogenannten Capitularien, oder diejenigen kaiserlichen Verordnungen wodurch die alten Gesetze ergänzt und nach Maßgabe der Umstände bestimmt wurden, allenthalben abschriftlich vorhanden seyn und öffentlich vorgelesen und bekannt gemacht werden mußten - eine Verfügung die ohne Zweifel schon vor Ludwig dem Frommen getroffen war, und von diesem, so wie von Karl dem Kahlen nur wiederholt wurde (Capit. v. J. 823 cap. 24. und Tit. XIV cap. 13) - so bildete sich natürlicher Weise die Vorstellung, daß alles Recht von Karl dem Großen ausgehe, so daß in spätern Zeiten auch die Freygrafen schwören mußten, nach Karls Gesetz und Ordnung zu richten, und selbst die Femgerichte diesem Kaiser zugeschrieben, und nach seinem Nahmen benannt wurden.




Der Knabe am Strome.




     „Wo die Wasser strömen, da wird mir so wohl,
Wo die Lüfte rauschen, da weiß ich was ich soll.
Rauschen im Wipfel und Strömen zum Meer -
O wenn mein Liebchen doch bei mir wär!“

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     Im Strome sich spiegelt der Knabe so treu,

Da drüben da wandelt seine Liebste vorbei.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erwähnten. Siehe Druckfehler S. 188.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_170.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)