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mit zerschmettert.“ - „Ja wohl!“ - gab Marie verwildert zurück: „die Schlangen hielten fürchterlich Wort, und haben mit einem zwei Herzen gebrochen!“

So weit meine Kunde! Was aus Marien geworden, hab’ ich nicht erfahren können; doch dünkt mir’s immer, ein Gemüth wie dieß, kann nach solchem Verlust nur die Erde heilen. Jedoch das Jägerhaus ist nunmehr bewohnt, und seitdem der Rächer sichtbar erschienen, der darauf ruhende Zauber aufgelöst.




Ueber die Altdeutschen Volks- und Meisterlieder
aus den Handeschriften der Heidelberger Bibliothek herausgegeben von Görres.




(Fortsetzung).

Eben so entstanden von unbekannten Volksdichtern gedichtete Liebeslieder, die nach der Stufe der Bildung worauf diese standen , bald nur die vorhandenen Volkslieder umsetzten, veränderten, einflochten.[1] oder wirklich neue machten, nach dem Muster der in den höheren Ständen gefeierten; so ist viel vom Meister- und Minnegesang eingedrungen gewesen, und hat sich um so länger erhalten als jene Dichter der höheren Stände, die frei vom positiven Wissen oft nicht schreiben konnten und deren Bildung nur in edler Gesinnung und frischem abentheuerlichen Leben bestand, dem Volke noch näher standen. Doch auch der Meister- und Minnegesang ist ausgeschieden, hat neueren Dichtern Platz gemacht; so ist jetzt noch eine Art von Gedichten im Volke, deren Sprache und Art genau die Periode nach Opitz anzeigt, oft sehr poetisch und geründet, mit manchen volksmäßigen Wendungen durchflochten, und gewiß auch zum Theil im Volk entstanden, da man bei ihrem Werthe sonst die Namen der Dichter leicht auffinden müßte; ich nenne nur z. B. Schönstes Kind zu dein Füßen etc.

Neben diesen sind in neuerer Zeit auch unzählige Lieder gebildeter Dichter aus Opern u.s.w., durch den nahen Verkehr mit Städten ins Volk gedrungen, vorzüglich durch Hülfe herrlicher Melodieen, diese werden dann todt gesungen, und überdauern meist nur wenig Jahre. Wie selten hört man jetzt noch z. B. Freut euch des Lebens, oder Es kann ja nicht immer so bleiben u. s. w..

Mit den Kirchenliedern mag es ohngefähr dieselbe Bewandtniß haben. Wir haben alte katholische die ganz das Ansehen von ächten Volksliedern haben, doch kann man sich oft täuschen, da in jener bewegten Zeit wo alles sich zur Reformation neigte unzählige Volkslieder (Gassenhauer) moralisch verändert wurden.

Diese mit wenigen Zügen angedeuteten Ansichten werden wir vielleicht bald weiter ausführen und beweisen, hier führen wir sie nur an, da Görres bebauptet die Manessische Sammlung bestehe aus Meister- und Volksliedern. Reine Volkslieder im obigen Sinne giebt es darunter nicht, wohl aber volksmäßige, vielgesungene z.B. die Wächterlieder, die aber doch viel zu viel ritterthümliches haben. Die Ritter, den Adel, die Geistlichkeit kennt das Volkslied und Mährchen fast nicht mehr (höchstens als Gegensatz im Spott) wohl aber Könige, Fürsten, Grafen und dann seines Gleichen, Müller, Jäger u.s.w. wie es ja auch seine eigne beschränkte Geographie hat. Nicht Spanien, Provenze, Italien, Palästina, welche der Ritterpoesie als Hintergrund und Ziel dienen konnten, sondern nur England, Cölln, die Pfalz am Rhein, Oestreich, zuweilen Dania, sind ihnen heimisch und bekannt, und von Flüssen fast nur der Rhein.

Das gegenwärtige Buch enthält dagegen nebst allen übrigen Arten auch reine Volkslieder, und wiewohl es in den einzelnen Fällen schwer sein möchte zu entscheiden, was fremdartig hinzu gekommen ist, so läßt sich das umgekehrte um so leichter sehen, wo das Lied gemacht und nur volksmäßige Wendungen und Verse eingesungen sind.

Die Fortsetzung folgt).




Wunsch.

O möcht’st du; Frühling, Eine Blüthe seyn,
Wie sänk’ ich tief als Bien’ in dich hinein!

O. H. Graf v. Loeben.

  1. Anmerkung. Daß dieß das Volk oder seine Dichter selbst thun, zeigt sich besonders an den Volksliedern, wo ungeschickt zugesetzt ist, oft Verse und Worte die ganz fremdartig sind und nur in soweit eine Art Verbindung mit dem Liede haben, als in ihrem barocken Witz und Spott oder selbst in ihrer Gemeinheit ein Gegensatz zu der Sentimentalität oder Erhabenheit des Liedes sich bildet. Dieß ist auch das Recht, was die Herausgeber des Wunderhorns für sich haben, daß das gemeinsame Eigenthum der Sprache, Sitten, Gebräuche, Gefühle und Ansichten des Volks in jedem Dichter besonders sich spiegeln und umbilden darf, daher diese Sammlung auch, was ihren individuellen poetischen Werth betrifft, zu dem Höchsten und Vortrefflichsten gehört. Nur ihr historischer und philosophischer Werth ist der Unsicherheit wegen gering.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)