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Verschiedene: Wünschelruthe

Die Augen lieben.




Uebersetzungen aus Catull
von Konrad Schwenk.




1.

An Lesbia.

Wie viel, fragest du, mir von deinen Küssen
Wohl, o Lesbia, sey’n genug und drüber?
Also mächtig die Zahl Libysser-Sandes
Liegt auf Silphionreichen Aun Kyrenes,

5
Zwischen Jupiters glühem Weissagtempel,

Und dem heiligen Grab des alten Battus;
Und wie viele der Stern’ in stillen Nächten,
Auf der Menschen verstohlne Liebe blicken;
Also viele der Küsse dich zu küssen,

10
Ist dem tollen Catull genug und drüber,

Die kein Neidischer jemals zählen könnte,
Noch mit freveler Zunge sie bezaubern.






2.

An sich selbst.

Schon bringt wieder der Lenz die milden Tage,
Schon verstummet die Wuth des Winterhimmels,
Vor des Zephyrus holdem Windgesäusel.
O Catullus, es thaun die Phryger-Anger

5
Sammt des glühen Nicäas reichen Feldern,

Auf! zu Asias hellen Städten eile!
Schon erwachen in Eifer froh die Füße.
Lebet alle mir wohl, ihr holden Freunde,
Welche fern von der Heimath weggewandert

10
Mannigfaltige Wege führen heimwärts.


Noch eine Scene aus Dekkers Fortunatus und seine Söhne[1]
von F. W. Val. Schmidt.




Wüste waldige Gegend.

(Die Musik spielt eine Zeitlang, dann treten auf: Laster mit einer goldnen Larve und Hörner auf seinem Kopf. Sein langes Gewand ist vorn mit silbernen halben Monden bemalt, welche allmälig immer mehr und mehr zunehmen, bis sie oben ganz voll sind. In der Mitte derselben ist geschrieben mit großen Buchstaben: Crescit eundo.. - Hinten ist sein Gewand bemalt mit Narrenfratzen und Teufelsköpfen. In der Mitte derselben steht geschrieben: Ha! Ha! Ha! - Laster und noch andre Gestalten mit vergoldeten Larven, und wie Teufel angezogen, bringen einen schönen goldnen Baum mit Aepfeln daran getragen.

Hinter Laster tritt auf Tugend, in einem Gewand, das vorn schneeweiß ist. Sie trägt auf ihrem Kopf eine Narrenkappe, und auf ihrer Brust ist die Inschrift: Sibi sapit. - Ihr Gewand ist hinten bemalt mit Kronen und Lorbeergewinden, zwischen denen Sterne schimmern. Diese werden von Händen gehalten, die aus lichten Wolken hervorragen, und in ihrer Mitte ist die Inschrist: Dominabitur astris. - Sie und andre Nymphen in weißen Kleidern mit Narrenkappen bringen einen Baum, dessen Blätter zum Theil grün zum Theil welk sind, und der nur wenig Früchte hat.

Dann kömmt Fortuna; einer trägt ihr Rad; ein andrer ihren Erdball. Zuletzt der Priester.)

Fortuna.
Der Tugend, Lasters und Fortunas Diener,
Reißt dieses Oberkleid der Erde auf,


  1. s. Nr. 21 und 22.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_173.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)