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Verschiedene: Wünschelruthe

Volkslieder.




Von der Insel Rügen.

13.

Jägerlied.

     Es wollt ein Jäger jagen,
So sagt’ er,
Es wollt ein Jäger jagen
Drei Stunden vor dem Tagen,

5
Im Walde hin und her:


     Einen Hirsch, einen Hasen und ein Reh,
So sagt’ er.
Er grüßt das Mädchen feine:
Was thut Sie so alleine

10
Wohl in dem Wald so früh?


     Ich will mir pflücken Rosen,
So sagt’ sie,
Ich will mir pflücken Rosen,
Wir wollen beide kosen,

15
Wohl in dem Walde früh.


     Ich kann vor meinen Hunden nicht,
So sagt’ er,
Ich kann vor meinen Hunden nicht,
Bleib Sie nur, Schönste, wer sie ist,

20
Wohl in dem Walde früh.


     Laß Er die Hunde laufen,
So sagt’ sie,
Laß Er die Hunde laufen
Wir wollen sie verkaufen

25
Wohl in dem Walde früh.


     Ich kann vor meinen Hasen nicht,
So sagt’ er,
Ich kann vor meinen Hasen nicht,
Bleib Sie nur, Schönste, wer Sie ist,

30
Wohl in dem Walde früh.


     Laß er die Hasen schmausen,
So sagt’ sie,
Laß Er die Hasen schmausen,
Es sind ja mehr als tausend,

35
Wohl in dem Walde früh.


     Ich kann vor meinem Pferde nicht,
So sagt’ er,
Ich kann vor meinem Pferde nicht,
Bleib Sie nur, Schönste, wer Sie ist,

40
Wohl in dem Walde früh.


     Laß Er das Pferd doch stehen,
So sagt’ sie,
Laß Er das Pferd doch stehen,
Wir beide wollen gehen

45
Wohl in dem Walde früh.


     Ich kann vor meinen Sporen nicht,
So sagt’ er,
Ich kann vor meinen Sporen nicht,
Bleib Sie nur, Schönste, wer Sie ist,

50
Wohl in dem Walde früh.


     Laß Er die Sporen klingen,
So sagt’ sie,
Laß Er die Sporen klingen,
Wir beide wollen singen

55
Wohl in dem Walde früh.


     Ach! Mädchen, bist du rasend blind?
So sagt’ er,
Ich bin dein Vater, du mein Kind,
Ach! Mädchen, bist du rasend blind

60
Wohl in dem Walde früh.


David der Prediger und Spinner.
(Aus gleichzeitigen Zeitungsnachrichten.)
(Schluß).

So dauerte es bis in sein fünf und zwanzigstes Jahr, wo er sich zu Th****, einem Malzahnischen Gute aufhielt und der Paroxismus so wie seine Gabe zu predigen sich allmälig verlor, so daß er nur auf großes Verlangen, aber bey weitem nicht mehr so gründlich, geschicklich, erbaulich und rührend seine Vorträge halten konnte. Der Pfarrer Müller zu Hohen Moker examinirte ihn um diese Zeit und fand ihn sehr gründlich über geistliche Dinge unterrichtet, so daß er ihn mit Verwunderung anhörte. Obgleich er nun schwarz gekleidet war zu besserem Anstande, so hat er doch seinen vorigen Herrn, den Engelbrecht gebeten, ihn wieder in seinen vorigen Dienst zu nehmen, weil ihm sein Vortrag nicht mehr fliessen wolle und er sich selbst zur Last lebe. Wahrscheinlich in der Zeit dieses Ueberdrusses kam er auf die Erfindung ein in der Gegend niegesehenes seines Garn zu spinnen. Viele hielten dies für eine Eingebung des heiligen Geistes, seine Methode bestand aber darin, ausländischen Flachs zu kaufen, diesen, nachdem er wohl geschwungen, auf der Scheundiele derb zu dreschen, ihn nachher wohl noch dreymal durch immer feinere Hecheln laufen zu lassen, bis er so klar und feinhaarig wie Seide zubereitet war. Diese Erfindung machte ihm in der Gegend fast noch mehr Ruf, als seine Predigten.

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_203.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)