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Verschiedene: Wünschelruthe


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Ir minnesinger, iu muoz ofte misselingen;
     Daz iu den schaden tuot, daz ist der wan.
Ich wil mich ruemen, ich mac wol von minne singen;
     Sit mich diu minne hat, und ich si han.
Daz ich da wil, seht, daz wil alse gerne haben mich:
     So muezt abe ir verliesen under wilen wanes vil;
     Ir ringet umbe liep daz iuwer niht enwil.
     Wan muget, ir armen, minnen solhe minne als ich!

Her Hartman von Ouwe.

I, 1. Ich komme um mich bey Euch zu beurlauben.
3. Verte ist Reise; reise Kriegszug.
5. Die Minne machte mich zu ihrem Gefangenen, und ich mußte ihr mein Wort geben, alles zu leisten was sie mir gebieten würde.
7. Ich mouz endeliche dar, es ist fest bestimmt, daß ich dorthin ziehen muß.
8. Wie schwer, d. h. wie unmöglich, ist es mir gemacht, meinen Eid zu brechen.
2, 5. Das heißt minnen, wenn man der Minne wegen in ferne Lande ziehen muß.
5. uz miner zungen aus meinem Vaterlande.
3, 7. Ihr ringet oft um eine Geliebte, die euch nicht haben will.
8. Wenn ihr Armen euch doch einer solchen Liebe weihen wolltet, wie die ist, der ich mich geweiht habe! – Man vgl. zwey andere Lieder Hartman’s: Min freude wart nie sorge los und Dem kreuze zimt vol reiner mout Samml. v. Minnes. 1, 181 und 180.


Nachtrag zu Blatt II. (S. oben S. 169).

Zu den Stellen, in welchen der Ausdruck Karles reht vorkommt, gehört auch ein Lied von Her Dietmar dem Sezzer</tt (Samml. von Minnes. II. 119. b.). Von untreuen, falschen Leuten sagt der Dichter, beynahe sprichwörtlich, die selben haben kunech Karles reht verdrungen, sie haben es dahin gebracht, daß Recht und Gerechtigkeit aus der Welt verschwunden sind, und daß Bestechungen das einzige Mittel sind zu etwas zu gelangen.


Über altdeutsche Gemälde.
(Fortsetzung).

Wir kommen zu dem größten und herrlichsten Stücke der ganzen Sammlung, einer Abnahme vom Kreuz, auf Goldgrund, aber augenscheinlich aus der Schule Johanns van Eyck. Daß es dem Roger van der Weyde zugeschrieben wird, kann nur auf einem Mißverständnisse beruhen, da dieser erst im Jahre 1529 starb[1]. Insofern sich diese Vermuthung auf die Aehnlichkeit der einen Figur mit dem Bildnisse des van der Weyde gründet, ist sie auch leicht zu beseitigen, indem diese Aehnlichkeit so wenig auffallend ist, daß ein Zufall hier sehr natürlich scheinen muß. Wenn die Angabe aber auch aus glaubhafter Tradition herrührt, so liegt sehr nahe, daß die alte schon von Vasari begangene Verwechselung des Roger van der Weyde mit Roger van Brügge[2] sich hier erneuert haben könne; und wir wären nach allen Nachrichten von dem letzteren auch gar nicht ungeneigt, das Bild ihm zuzuschreiben, der unter den Schülern Eycks einer der berühmtesten war: obgleich der Mangel an Anschauungen anderer Werke von ihm uns hierüber sehr im Ungewissen lassen muß. Auf jeden Fall verdient der Meister unter die allergrößten gezählt zu werden; nur wenige Werke sind mit dem genannten in Rücksicht der Großartigkeit der Auffassung und des Ausdrucks zu vergleichen. Die Darstellung besteht aus zwei Gruppen, die sehr kunstreich so verbunden neben einander gestellt sind, daß das Ganze wie eine einzelne, aber die größte, herausgehobene Scene aus dem weiten Schauspiel der Welt erscheint; welcher Eindruck von Concentricität dadurch noch vermehrt wird, daß die Figuren fast die ganze Tafel bedecken, indem die Form dieser letzteren oben selbst nach dem Kreuze gebildet ist, und der Grund, der ebendeßhalb nicht in einer Landschaft bestehen durfte, durchaus allein da ist um die Figuren zu heben. Dieß ist denn auch in einem solchen Grade geschehen, daß eine Verbindung plastischer und pittoresker Auffassung erreicht ist, wie wir sie sonst nie gesehen, am wenigsten aber seit Eyck: jedoch vortrefflich harmonirend mit dem durchaus Charakteristischen der Gestalten. Maria ist vorn zur Linken des Beschauers in die Knie gesunken, bleich, das Auge gebrochen, den Mund schwach geöffnet, ein

  1. S. Carel van Manders Schilderboek (1604) fol. 207. u. a. m.
  2. S. Fiorillo’s Gesch. der zeichnenden Künste in Deutschl. und den vereinigten Niederl. Th. II. S. 297.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_219.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)